Alexander Burgener, König der Bergführer

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Als Professor Schulz nach dem Abendessen vor dem Hotel Monte Rosa seine Abendpfeife rauchte, erschien plötzlich Burgener und sagte: „Herr Professor, ich hätte eine Bitte.“
„Und die wäre?“
„Gebt mich für morgen frei.“
„Seid Ihr müde?“
„Oh, behüt, im Gegenteil, so pusper bin ich, dass ich heute noch einmal das Matterhorn machen könnte. Tatsächlich hätte ich Gelegenheit, mit einer englischen Dame aufzubrechen.“
„Ohne zu schlafen? Unmöglich!“
„Ach, Herr Professor, wir Führer können im Winter schlafen wie die Murmeltiere. Im Sommer aber müssen wir arbeiten.“
„Wer ist denn die Dame? Zahlt sie gut?“
„Burnaby heisst sie, komisch wie alle Engländerinnen.“
„Ah, Mrs. Burnaby, die schriftstellernde Bergsteigerin? Ich bin im Bild. Verrücktes Frauenzimmer. Wollte einmal im Monat März auf den Monte Rosa. Aber schreibt nicht schlecht.“

Soweit ein Ausschnitt aus dem Gespräch zwischen dem deutschen Gast Karl Schulz und dem Walliser Bergführer Alexander Burgener am 16. August 1883, nach der Traversierung des Matterhorns mit Aufstieg über den Hörnligrat, Abstieg über den Liongrat und Rückkehr nach Zermatt. Das, nachdem die beiden Alpinisten am 14. August die Ostwand des Monte Rosa, die höchste Wand der Alpen, durchstiegen hatten, als erste Seilschaft nach der Imseng-Marinelli-Katastrophe. Und nun wollte Burgener also kurzfristig aus dem Dienst seines Herrn treten, um mit Mrs. Burnaby – wir kennen sie heute besser als Elizabeth Main – das Matterhorn zu besteigen. Was auch gelang; allerdings mussten sie beim Abstieg über den Liongrat wegen schlechter Verhältnisse biwakieren. Die verspätete Rückkehr hatte zur Folge, dass schon der Tod von Burgener und seiner Klientin beklagt wurde. Und weil das Gerücht bereits von Zermatt durchs Nikolaital hinabgewandert war, musste ihm Burgener nacheilen und dann durchs Saastal wieder hochgehen nach Zen Briggeltinen bei Huteggen, um sich seiner Familie leibhaftig zu zeigen. Zwei Tage später brach er mit Schulz zur (nicht geglückten) Erstdurchsteigung der Bietschhorn-Südwand auf.

Die Biografie von Adolf Fux über Alexander Burgener erschien erstmals 1961 und ist jetzt, zum 100. Todestag des Königs der Bergführer, in einem Reprint erschienen; der scheinbar unverwüstliche Mann starb mit 65 Jahren in einer Neuschneelawine in den Berglifelsen zwischen Eiger und Mönch, am 8. Juli 1910. Im Hotel Huteggen konnte man in diesem Sommer eine Ausstellung über den berühmten „Huteggen-Xandi“ sehen; die Alexander Burgener Stiftung will das alte Hotel retten und noch mehr. Alles weitere dazu unter www.alexander-burgener.ch.

Und: Regula Imboden liest am Donnerstag, 4. November 2010, um 20 Uhr aus der Bergführer-Biografie von Adolf Fux, im Rahmen von BergBuchBrig im Zeughaus Kultur. Das alpine Multimediafestival findet zum fünften Male statt und dauert vom Mittwoch bis am Sonntag, 7. November.

Zwei weitere donnerstägliche Autorenlesungen seien hier besonders empfohlen. Um 17 Uhr Arno Camenisch, bekannt geworden mit dem Alproman „Sez Ner“; er liest aus seinem zweiten Buch „Hinter dem Bahnhof“ – ein sprachlich kunstvolles Werk über das Leben in einem Dorf im Bündner Oberland, und zwar aus dem Blickwinkel eines Kindes. Und um 18 Uhr ein spannendes „Finale“ mit Emil Zopfi – wer den dritten Kriminalroman über die Bergführerin Andrea Stamm noch nicht gelesen hat, kann ihn so live hören! Das ganze Programm (50 Veranstaltungen neben der Ausstellung von über 1300 Buch-Neuerscheinungen der Jahre 2009/2010 aus dreissig Ländern) unter www.bergbuchbrig.ch.

Adolf Fux: Alexander Burgener, König der Bergführer, 1961 bzw. 2010, Fr. 34.- Vertrieb durch die Alexander Burgener Stiftung und den Rotten Verlag.

Arno Camenisch: Hinter dem Bahnhof, Engeler-Verlag 2010, Fr. 25.-

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