Der Gärtner von Santa Caterina

Überraschende Begegnung im botanischen Garten der Einsiedelei von Santa Caterina oberhalb von Rio nell’ Elba. Die letzte von zehn Wanderungen auf der Insel.

Am Weg zum Monte Serra besuchen wir die Einsiedelei Eremo di Santa Caterina, eine Kapelle aus dem 17. Jahrhundert, Gemäuer aus dem frühen Mittelalter. Doch was uns lockt, ist der botanische Garten mit den einheimischen Pflanzen der Insel, Orto dei Semplici Elbano. Eingerichtet vom Botaniker-Ehepaar Garbari/Corsi aus Pisa. Ein stiller Ort der Einkehr, meditative Aura, gepflegte Gartenanlagen zwischen Trockenmauern, eingeteilt in Bereiche mit so poetischen Namen wie «Garten der Schmetterlinge» oder «Die heiligen Pflanzen der antiken Zivilisationen». Wir vergleichen die Blumen mit jenen, die wir auf unseren Wanderungen immer wieder angetroffen und zu bestimmt versucht haben. Zistrosen, Wegwarten, Schopflavendel, Binsenginster und endlich auch Salbei, nach dem wir immer wieder vergeblich gesucht haben.

Eintritt frei, Kollekte erwünscht. Ein älterer Gärtner glättet mit dem Rechen die Kieswege, schweigend in sich gekehrt, als beachte er die wenigen Besucher nicht. (Den Ort erreicht man nur zu Fuss.) Gelegentlich pickt er mit einem speziellen Instrument Blätter auf vom Boden auf, oder auch mal einen Papierfetzen. Dieser botanische Garten zeigt sich in perfekter Ordnung, die Pflanzen sauber beschriftet. Oberhalb der Salbeibüsche unter jungen Olivenbäumen stehen Bienenkästen in der blühenden Wiese. Honig mit von Hand geschriebenen Etiketten gibt es beim Wärterhäuschen zu kaufen. Dazu ein Produkt in kleinen Fläschen mit Pipette, Propolis. Es ist ein von Bienen gesammeltes Harz, ein altes Desinfektionsmittel zur Behandlung von Wunden und natürliches Antibiotikum, wie uns der Gärtner erklärt, der inzwischen recht gesprächig geworden ist. Wir verstehen nicht alles, kaufen aber ein Fläschchen und erfahren, dass der Gärtner seit vierzig Jahren Bienen züchtet. Zuvor sei er Radprofi gewesen, auch in der Schweiz gefahren, Tour de Romandie, Tour de Suisse, Tour de France und eine Etappe des Giro d’Italia habe er gewonnen, Parma-Savona 1969. Er gibt uns seine Visitenkarte. Ballini Roberto, Allevatore di Api regine. Züchter von Bienenköniginnen.

Dass wir auf den Monte Serra wandern wollen, direkt den Hang hinauf auf den Berg, an dem sich die Einsiedelei auf halber Höhe befindet, ein Hügel in unseren Augen, passt ihm gar nicht. Vehement will er uns zurückhalten, kein Weg sei da hinauf, und es hätten sich schon viele Wanderer verirrt. Schliesslich einigen wir uns mit ihm darauf, dass wir es versuchen und, falls es nicht geht, zurückkehren werden. Auch ziehen Nebel über den Grat, verhüllen unser Wanderziel. Wir folgen dann tatsächlich zu weit dem Weg, der von unserem Berg wegführt, finden dann dank unserem GPS-Track den Aufstieg durch Gebüsch und über Schutt und Steinplatten auf den Pfad, der uns schliesslich zum Gipfel führt. Aus dem Nebel fällt leichter Regen, so dass wir gleich weiterwandern, über den Grat, dann nach kurzer Rast hinab auf einen Pass, wo schon wieder die Sonne scheint. So dass wir weiterwandern über den Monte Strega und den Monte Campanello, auf schotterigem Weg steil direkt hinauf auf dem Grat und wieder hinunter.

Es ist ein Stück der Grande Traversata Elbana GTE, ziemlich unangenehm zum Gehen im steilen Schotter und durch die Wegführung ohne Kehren der Erosion ausgesetzt. Biker kommen uns entgegen, wir treten zur Seite, grusslos holpern sie vorbei auf diesem rollenden und kollernden Untergrund und beschleunigen die Erosion noch. Wie diese Hänge aussehen in zehn oder zwanzig Jahren mögen wir uns nicht vorstellen.

Inzwischen ist der Himmel wolkenlos, die Luft heiss. Die Gelateria am schönen Hauptplatz von Rio nell’ Elba hat noch nicht auf Saisonbetrieb umgestellt, so dass wir das Glacé dann erst unten am Hafen von Rio Marina schlecken können.

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