Faszination BergWälder

Berthold Brecht meinte zwar, man solle über die Untaten der Menschen sprechen, statt über Bäume. Das eine geschieht gegewärtig in solcher Fülle, dass ein Buch über Bäume, bzw. Wälder eine erholsame Lektüre sein kann. Auch der alte Brecht ist schliesslich durch die Wälder der Märkischen Schweiz gewandert, als es in Berlin knallte. Warum also nicht ein Buch über Wälder, Bergwälder genau, und aus der richtigen Schweiz.

BergWälder_Cover

Grashalm glänzt wie eine Klinge,
Und die kleinen Schmetterlinge,
Blau, orange, gelb und weiß,
Jagen tummelnd sich im Kreis.
Alles Schimmer, alles Licht,
Bergwald mag und Welle nicht
Solche Farbentöne hegen,
Wie die Haide nach dem Regen.

Dichtete Annette von Droste-Hülshoff um 1844. Eine der berühmtesten deutschen Dichterinnen des 19. Jahrhunderts; ihre Novelle „Die Judenbuche“ gehört noch immer zum Kanon der Gymnasialliteratur. Dass die Droste auch alpin angehauchte Verse schmiedete, dürfte weniger geläufig sein. Das Gedicht „Der Säntis“ ist eine Hymne an die Jahreszeiten und den höchsten Gipfels des Alpsteins; Annette wird den Berg vom Schloss Meersburg, wo sie am 24. Mai 1848 verstarb, immer wieder erblickt haben.

Drei Zeilen aus dem Herbst-Zyklus: „Wenn ich an einem schönen Tag / Der Mittagsstunde habe acht, / Und lehne unter meinem Baum“ – dann nehmen wir mit grossem Vergnügen einen neuen Bildband hervor, der wunderbar die Themen Bergwald, Farbentöne und Poesie verbindet. In ihrem zweiten Werk nach „BergWasser“ beleuchten der Fotograf Roland Gerth und der Schriftsteller Emil Zopfi in „Fazination BergWälder“ nun die schönsten Waldlandschaften der Schweiz. Ein rundum geglücktes Werk, das nicht nur mit faszinierenden und einmaligen Landschaftsaufnahmen glänzt, sondern auch mit der poetischen Einleitung und den geografisch und botanisch genau verorteten Bildegenden. Ein Wurf.

Kaum zu glauben, dass all diese Fotos in Schweizer Bergwäldern zwischen Dent de Vaulion im Waadländer Jura, Lutertannen im Alpstein und Alpe Saléi in der Valle Onsernone aufgenommen wurden. Entdeckungen sind da beim Blättern und Lesen zu machen, wenn wir uns gemütlich an einen Baum oder eine Bank lehnen. Die Bilder wecken aber auch die Lust, selbst hinauszugehen in die frischgründuftenden Wälder. Auf geht’s, in den Auffahrts-Tagen noch ein wenig leichter. Mit einem Lied auf den Lippen und einem Gedicht im Ränzlein, wie einst der Taugenichts von Eichendorff. Diese Verse hier aus Hermann von Linggs „Schlußsteine“ von 1878 kehren wir freilich besser unters Laub: „Im Bergwald ruht, im Eichenhaine / Der Nemi-See; wohl hieß er auch / Dianas Spiegel, seine reine / Tiefblaue Woge trübt kein Hauch.“

Roland Gerth, Emil Zopfi: Fazination BergWälder. Die schönsten Waldlandschaften der Schweiz. AS Verlag, Zürich 2015, Fr. 45.-

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