Frühstück zu zweit

Dem Glück traue ich nicht immer über den Weg, aber ich begegne ihm gerne. Wie heute Morgen, als es mich im Vorbeigehen erwischte. © Annette Frommherz

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„Morgenstund‘ hat Gold im Mund“, sagte jeweils meine Mutter, nachdem sie sich noch vor der Morgendämmerung mit dem Kaffee an den Küchentisch gesetzt hatte. Es liegt demnach in den Genen, dass mein Sohn und ich spätabends beschlossen, am nächsten Morgen mit den Hühnern aufzustehen. Er will mit dem Bike auf den Bachtel, unseren Hausberg. Ich werde ab Oberorn den kurzen Weg unter die Füsse nehmen. Treffpunkt soll um viertel vor sechs am Bachtelturm sein. Dort wollen wir frühstücken.
Der Sohnemann ist bereits unterwegs, als ich kurz vor fünf Uhr aufstehe. Noch ist es dunkel, wie ich mit dem Auto die unbeleuchtete Strasse hügelwärts fahre. In der Schwärze leuchtet der rote Punkt des Turms, und schon bald sehe ich vor mir das blinkende Licht des Bikes. Er ist schnittig unterwegs, der Sohn, und ich rufe im Vorbeifahren ein „Guten Morgen, wir sehen uns!“ aus dem Fenster.
Bald schon schreite ich mit geschultertem Rucksack den Wanderweg hinauf; vorbei an den Rindern, die mich anschauen, als käme ich vom Mars. Komme ich nicht, liebe Rinder, ich bin nur etwas früh unterwegs, erkläre ich ihnen. Es dämmert bereits. Als ich unten auf dem Strässchen meinen Sohn erblicke, schicke ich einen Jauchzer in seine Richtung. Er wird die Augen verdrehen, ich weiss es. Der Bachtel, unser Berg. Er hat eine bescheidene Höhe und nichts an ihm ist spektakulär, und doch ist er uns von besonderer Bedeutung. Während ich den Kuhfladen ausweiche, denke ich zurück an die Jahre, in denen wir oft auf diesen Hügel gestiegen waren und wir mit jedem Höhenmeter die Sorgen hinter uns lassen konnten.
Fast zeitgleich treffen wir am Fusse des Turms ein, keine andere Menschenseele weit und breit. Der Morgen gehört ganz uns. Stark bläst der Wind auf der Plattform des Turms. Wir deuten die Orte der fernen Punkte, wo nun die Lichter erloschen sind. Dunkle Wolken treiben am Himmel dahin, nur dann und wann drängt sich ein Streifen Morgenröte dazwischen. Es braucht nicht viel für das Glück, es braucht nur diesen, unseren Augenblick.

3 Gedanken zu „Frühstück zu zweit

  1. Ein ganz tolles, wertvolles Erlebnis und so erfrischend erzählt! Kompliment! Das sind doch die Rosinen des Lebend, die unser Dasein so beglücken. Hebed öi sorg!

  2. HEJ ANNETTE.
    EN DEJLIG , FRISK BERETNING FRA VORES DEJLIGE BJERG.
    NYD FERIEN SAMMEN I TO !
    PAA GENSYN I NÄSTE UGE.
    PUM

  3. Hallo Annette und Nico

    Mal wieder super geschrieben verpasse wirklich keinen Deiner Berichte und die Idee von Nico war der Ursprung für diese schönen Worte. Wünsche Dir eine schöne Hochtour und viel Wetterglück. Liebi Grüess a eui zwei. liebi Grüess lise

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