Lexikon Sächsische Schweiz

Dass die Elbsandsteinfelsen der Sächsischen Schweiz die «Wiege des Freikletterns» waren, ist bekannt. Und dass Sachsen wie Fritz Wiesner das Klettern in die USA exportierten ebenfalls. Aber damit ist die Bedeutung der Sandsteintürme an der Elbe für den Klettersport noch lange nicht erschöpft. Ein Lexikon bietet nun umfassende Information – und fast unglaubliche Geschichten.

Lexikon Sächsische Schweiz

27. Mai. Schrammsteine (Sächsische Schweiz). Dr. Brosin, angeblich ein geübter Tourist, wollte diese als Kletterschule bekannten und benutzten Felsen allein und ohne Seilsicherung überklettern; er stürzte ab und wurde andern Tags tot aufgefunden. M.D.Ö.A.V. 1901, pag. 74.

Das meldete das „Jahrbuch des Schweizer Alpenclub“ im 36. Jahrgang im Abschnitt Mittelgebirge der „Alpinen Unglücksfälle 1900“, aufgrund einer Meldung in den „Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins“. Wer war nun dieser „angeblich geübte Tourist“? Das seit März 2014 vorliegende „Personen- und Klublexikon Sächsische Schweiz“ klärt auf:

Brosin, Friedrich (Fritz) Dr.
*1858 Wehdem/Westf.; †1900 abgestürzt Wilder Kopf; Halle, 1890 Dresden; Arzt f. Frauenheilkunde; 1898-1900 DuÖAV Sektion Dresden; Ehefrau Edith Brosin
Erstbesteigung SäSchw (1899 Brosinnadel IV)

Dank diesem Lexikon wurde aus dem angeblich ein richtig geübter Kletterer; sonst wäre ihm zu Ehren wohl kaum einer der ganz markanten Sandsteintürme der Sächsischen Schweiz benannt worden. Die von Brosin gemachte Route im vierten Schwierigkeitsgrad an seiner Nadel wird „Alter Weg“ genannt und zählt laut www.on-sight.de zu den schönsten der rund 21000 Kletterrouten des Elbsandsteingebirges. Mehr noch: Brosins Ehefrau Edith (1878-1922) soll die erste kletternde Frau der Sächsischen Schweiz gewesen sein; ihre erste Tour führte sie auf den berühmten Falkenstein, zusammen mit ihrem Mann und Hermann Simon. Zusätzlich erfahren wir: Edith Brosin war Schauspielerin mit dem Künstlernamen Eva Brandt. Googelt man nun diesen Namen, so lesen wir, dass sie im Juli 1914 den deutschen Dichter Gottfried Benn heiratete. Geschichten sind das, welche so ein Lexikon auslösen können!

Tina und Michael Schindler haben mit ihrem „Personen-und Klublexikon Sächsische Schweiz“, das genau zum Jubiläum „150 Jahre Bergsteigen im Elbsandsteingebirge“ erschien, eine riesige Arbeit geleistet. Im Personenteil finden sich 5900 Bergsteiger, Wanderer und Touristen mit 1350 Porträtfotos, im Klub- und Vereinsteil 1075 Kletter-, Wander- und Touristenklubs mit 466 Abzeichen und Logos, dazu 365 touristische Vereine und Organisationen sowie Behörden, Gruppierungen und Strukturen, Ski- und Turnvereine mit Kletter- bzw. Wanderabteilungen, Bergsteigerchöre mit 44 Abzeichen. Schier unglaublich, diese Zahl von Bergsportclubs! Sie heissen beispielweise Kletterbrüder, Kraxelbrüder, Kletterfreunde, Kletterlust oder Bergsucht, Bergzauber, Bergteufel, Bergpiraten, Berggeister. Und natürlich, insgesamt zwei Dutzend Mal, Bergfreunde.

Tina und Michael Schindler: Personen-und Klublexikon Sächsische Schweiz. Sächsischer Bergsteigerbund SBB, Dresden 2014, 23 €. www.bergsteigerbund.de

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