Man müsste am heutigen Freitag, 11. April 2014, wieder überall sein: Im Alpinen Museum Bern zur Vernissage des Jubiläumsbuches der Schweizerischen Stiftung für Alpine Forschungen – oder in Tenero zur Präsentation der italienischen Ausgabe des Monte-Rosa-Buches unseres Rezensenten und Marco Volkens. Neben so viel Prominenz und Grösse verschwindet eine kleine Lesung des Leadschreibers und Webmasters in Trüllikon – aber auch dort gibts ein Gläschen Wein.
„Es war an einem verhangenen Märztag des letzten Kriegswinters, als Frau Lohner in St. Moritz mit ihrem Bergführer nach einer Reihe sonniger Bergtage Pläne für den kommenden Sommer machte. Unvermittelt stellte sie dabei die Frage: ‚Wie wäre es denn, wenn wir einmal in den Himalaya gingen?‘
Der arvenzähe, baumlange Graven fing sofort Feuer, der Wortkarge wurde beredt, seine Augen funkelten, und er sprühte vor Begeisterung.
Und nun gab es kein Halten mehr.“
Schön, wie Ernst Feuz den Beginn der Schweizerischen Himalaya-Expedition Lohner-Sutter von 1947 beschreibt. Der Erstbegeher verschiedener Routen in den Nordwänden des Lauterbrunnentals und Initiator der Schilthornbahn tut dies im zweiten Band der 17bändigen Buchreihe „Berge der Welt“, welche die Schweizerische Stiftung für Alpine Forschung SSAF von 1946 bis 1969 herausgab. Feuz war bei der Gründung der SSAF 1939 mit dabei und lange Jahre ihr Geschäftsführer. Bekannt wurde die SSAF vor allem mit der Zweit- und Drittbesteigung des Everest und der Erstbesteigung des Lhotse im Jahre 1956. Weniger bekannt ist die von Annelies Lohner (1918-2012) veranlasste und vorbereitete Garwhal-Expedition von 1947. Sie stand unter dem Patronat der SSAF, die „nicht ohne Bedenken eine Frau als Teilnehmerin akzeptierte“, wie Feuz schreibt: „Wir fragten uns, ob wir es verantworten könnten, einer Frau diese monatelangen, höchsten Einsatz fordernden Strapazen und Gefahren zuzumuten.“ Nun, die Expedition war mit der Erstbesteigung von vier Sechstausendern und einem Siebentausender sehr erfolgreich; bei derjenigen des Balbala (6414 m) war Annelies Lohner mit dabei.
Annelies Lohner also: So zeichnete sie damals Grussbotschaften aus dem Garwhal – und ihre Beiträge in „Berge der Welt“. Später heiss sie Lohner-Söttner, noch später Sutter-Stöttner. Auf dem Umschlag sehen wir sie lächelnd und barfuss im Basislager am Gangtori-Gletscher zwischen zwei Sherpas: Sie schaut zu Penoorie hoch, während Tenzing, der zukünftige Erstbesteiger des Everest, den Arm um sie gelegt hat. Ein hübsches Bild.
Wenn wir nun das Buch zum 75-Jahr-Jubiläum der SSAF aufschlagen, erblicken wir genau dieses Foto. Die Jubiläumsschrift versammelt Beiträge zu aktuellen Forschungsfragen im alpinen Raum. Dazu gehören unter anderem ein Überblick über die Geschichte der Gletschermessungen in der Schweiz, ein Essay zur alpinen Biodiversität und ein Einblick in die Geschichte der Höhenmedizin. Der Beitrag „Holz statt Eis“, der die Gletscherschwankungen im Alpenraum während der letzten 10‘000 Jahre dokumentiert, zeigt auf, dass die Klimaschwankungen wesentlich häufiger, intensiver und rascher erfolgt sein müssen als bisher allgemein angenommen. Aufgrund der Tatsache, dass wärmere und kältere Phasen sich in teils relativ engen Zeiträumen abgewechselt haben, sollten sich auch Schlussfolgerungen für die heutige Klimadiskussion ziehen lassen. Eingerahmt werden die Beiträge mit Rückblicken auf Expeditionen und Tätigkeiten der SSAF, edel gedruckt auf kupferfarbigem Papier, aber leider ohne Bildlegenden. Annelies Lohner freilich ist immer gut zu erkennen.
Die Vernissage des SSAF-Jubiläumsbuches findet am Freitag, 11. April, um 18 Uhr im Alpinen Museum der Schweiz am Berner Helvetiaplatz statt. Beat Hächler, Direktor des Museums, verfasste die elegante Grussbotschaft fürs Buch.
Aber vielleicht seid Ihr am 11. April bereits im Tessin, was rund um Ostern so üblich ist. So wäre der Kulturabend im Oratorio in Tenero angesagt, zu der die Federazione Alpinstica Ticinese FAT einlädt, zusammen mit der Società Escursionistica Verzaschese SEV, der Società Alpinistica Valmaggese SAV, der Sezione Locarno der Unione Ticinese Operai Escursionisti UTOE sowie den Amici della Montagna Brissago. Um 20.30 Uhr stellt Teresio Valsesia den Berg und die italienische Ausgabe des Buches „Monte Rosa – Regina delle Alpi“ vor, das Marco Volken und Daniel Anker im AS Verlag herausgegeben haben. Am Schluss der Mitteilung der FAT heisst es unmissverständlich: „Vi aspettiamo numerosi in questa imperdibile serata!“.
Alpines Aareufer oder alpensüdseitiger Abend: Wie wäre es, wenn wir da- oder dorthin gingen?
Schweizerische Stiftung für Alpine Forschung 1939 – 2014. Herausgegeben von der SSAF unter Etienne Gross, Reto Moser und Patrick Savolainen. Fr. 30.- Zu bestellen bei der SSAF, Stadelholferstrasse 42, 8001 Zürich, www.alpinfo.ch.