Zwei Bildbände über das Besteigen einer genau bestimmten Anzahl Gipfel. Alle 14 Achttausender für die schweizerisch-französisch-kanadische Alpinistin Sophie Lavaud. Alle 82 Alpenviertausender für die berner-oberländischen Gleitschirm-Bergsteiger Chrigel Maurer und Peter von Känel.
«Die Wolkenbasis steigt, und wir können oberhalb der Täschhütte erstmals auf 4000 m aufdrehen. Wir gleiten am Feechopf vorbei und landen unterhalb des Rimpfischsattels auf 3650 m. Die Schirme deponieren wir auf dem Sattel und stehen wenig später auf dem Rimpfischhorn. Ein kurzer Flug bringt uns vom Schirmdepot an den Fuss des Strahlhorns, und kurz darauf stehen wir auch auf diesem Gipfel. Diebisch freuen wir uns über diesen Magic Move, sind wir doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Ersten, die am gleich Tag das Finsteraarhorn, das Rimpfischhorn und das Strahlhorn besteigen – notabene mit Tourenskis und ohne motorisierte Unterstützung. Unterhalb des Strahlhorns machen wir uns flugbereit. Wir nutzen den NW-Wind, um mit den Skis an unseren Füssen zum Gipfel hochzukiten, und fliegen anschliessend bei schönem Abendlicht und einem breiten Grinsen im Gesicht zur Monte Rosa-Hütte, wo wir gerade noch rechtzeitig zum Abendessen landen.»
In «xPeaks. Neue Wege auf alte Berge» erzählt Peter von Känel aus Frutigen frisch und frech, wie er zusammen mit Chrigel Maurer aus Adelboden im Sommer 2024 in nur 51 Tagen alle 82 Viertausender ausschliesslich zu Fuss, mit Ski und per Schirm besucht und bestiegen hat. Die Seilschaft zwischen Bergsteigen und Gleitschirmfliegen ermöglichte verblüffende und ausgesprochen elegante Touren – wenn man so gut fliegen und klettern kann wie die beiden nicht mehr ganz jungen Berner Oberländer. Die Fotos, pendelnd zwischen erhaben und ergötzlich, bereichern das Buch. In seinem Anhang findet sich die Übersicht, wie Maurer und von Känel zwischen Piz Bernina und Barre des Écrins hin und her geflogen sind. Manchmal auch bei turbulentem Wetter.
«Dans le mauvais temps, nous atteignons les pentes sommitales, raides, engagées. Depuis plusieurs heures, nous évoluons sans cordes fixes.
Quelques dizaines de mètres sous le sommet, nous croisons Kristin. Elle me serre dans ses bras. L’émotion m’envahit. ‹You are so close from summit, your fourteen peaks! Congratulations, dear Sophie!› Moment de joie furtif, mais il faut poursuivre jusqu’en haut malgré le blizzard.
Nanga Parbat, 8126 mètres, 26 juin 2023. Quelques photos, un selfie, une accolade avec Sangay, un point GPS. Cinq minutes, dix minutes? Guère plus, nous sommes préoccupés par la descente.»
Auf vierzehn mit «Le carnet de Sophie» überschriebenen Seiten erzählt die bei Genf wohnende Alpinistin Sophie Lavaud besondere Momente ihrer Besteigungen der vierzehn Achttausender. Am 11. Mai 2012 stand sie auf ihrem ersten 8000er, dem Sishapangma, dummerweise nur auf dem Mittelgipfel (8013 m) und nicht auf dem Hauptgipfel (8027 m); letzteren bestieg sie am 26. April 2023. Zwei Monate später dann der Nanga Parbat. Damit wurde Sophie Lavaud «le premier Français (également première Suissesse et le premier Canadien) à fouler la cime des plus hautes sommets de la Terre». Das lesen wir auf der Rückseite des Buches «Les quatorze 8000 de Sophie Lavaud». Sie ist nämlich Schweizerin, Französin und Kanadierin. Der erste Schweizer auf allen 8000ern war Erhard Loretan; für Frankreich und Kanada ist Sophie Lavaud aber die erste Person, die dieses grosse Ziel geschafft hat. Der gemeinsam mit François Damilano geschaffene Bildband – der Bergführer und Filmer aus Chamonix begleitete sie auf drei Expeditionen – blickt zurück auf ihre Besteigungen, auf die alpinistische Geschichte dieser so sehr attraktiven Berge und stellt die Normalrouten vor.
Ein sehr hohes Ziel, die 14 Achttausender. Vielleicht doch eher die 82 Viertausender der Alpen. Wie wär‘s jedoch mit den 15 Vierzehntausendern Kaliforniens oder den 282 Dreitausendern von Schottland? Bei beiden geht es allerdings um Fuss und nicht um Meter: Sie müssen höher als 14‘000 ft (= 4267 m) bzw. 3000 ft (= 914 m) sein. So oder so viel Spass beim Gipfelsturm!
Peter von Känel: xPeaks. Neue Wege auf alte Berge. Edition Filidor, Reichenbach 2024. Fr. 48.-
François Damilano, Sophie Lavaud: Les quatorze 8000 de Sophie Lavaud. Éditions Glénat, Grenoble 2024. € 36,00.