Fast könnte man über sie sagen: Alle Jahre wieder, ganz ohne Schneehauben auf Gartenzäunen, Mauerpfosten, Tannenbäumen… Gemeint ist die Adventszeit. Sie ist draussen so anders als in unserer alten, drinnen behaltenen Vorstellungswelt. Aber müssen wir uns nicht einfach nur umgewöhnen, gewöhnen an die neuen Bilder, auch im Gebirge? Vier lose Gedanken kamen mir dort. Ich schrieb sie auf.
Wenn ich in dieser stillen, kalten, kahlen Adventszeit durch die Bergwälder streife, dann geschieht es immer wieder, dass wenig vor mir ein Reh, eine Gams, ein Hirsch oder eine Hirschkuh steht und mich aus runden Augen reglos anblickt. Bis ich winke oder Hallo sage um zu zeigen, ich sehe dich! Dann springen die Tiere davon und Äste knacken, Steine rollen für kurz in der Stille.
Anders aber verhält es sich mit jenen Augen, die ich noch viel öfter treffe. Schwarzen, starren Augen, eckigen Löchern an Wald- und Lichtungsrändern, von Tarnnetzen verhangen wie dunkle Gespenster. Auch ihnen winke ich zu, aus grösserer Distanz oft, um ihnen zu zeigen, dass auch ich sie sehe, und vielleicht in der Hoffnung, dass sie lächeln, wenn ich winke. Sie bleiben aber reglos, immer. Zu tausenden stehen sie strategisch im Bergwald verteilt und überwachen dort den stillen, kalten, kahlen Advent.
Abends bei den Menschen, unten, ist Lichtzeit, Lichtlärm. Die Täler sind voll von hellen, gestochen-scharfen Punkten. Östlich ausserhalb Sargans nach Norden geblickt, erscheint vor mir plötzlich die Milchstrasse als breites Band am dunklen Himmel. Tausendfach jubilieren die Sterne, dicht an dicht. Doch dann ist es nur Triesenberg, die Stadt halb oben in der Nacht. Denn komme ich näher, so wachsen aus der Schwärze darunter die Kuppen des Hanges empor und modellieren die Häuserreihen in das Relief des Berges. Dann zerfliessen die aus der Ferne sterngeglaubten zu beleuchteten Strassenzügen der an die schwere Erde gebundenen Stadt. Und Licht ist wie glimmende, zäh herabkriechende Lava.
Draussen im Gebirge ist der Advent kahl, kalt und jeden Tag stiller. Die Bäche der schneelosen Tälchen und Gräben sind harte Netzwerke ohne Leben, Adern aus Glas über den Hängen. Die feuchte, weiche Erde ist hart wie Stein und federt den Schritt nicht mehr ab. Vielleicht aber, wer weiss, bringt der 24. einen milden Föhn, warm wie dein Atem, herein in die Tälchen und Hänge. Und vielleicht sind es dann sie, die Bäche hier oben, die bis zum Abend wieder zu murmeln, zu plätschern zu rauschen, zu singen beginnen.