Hans Roelli

Er hat einen Quersprung auf Ski erfunden und dazu die Anleitung in Gedichtform geliefert; mit Volksliedern hat er die Nation beglückt und sie im Akdivdienst vor der Truppe gesungen; er war ein Vagabund, Wandervogel und kreativer Kurdirektor von Arosa. Wer kennt ihn noch, den bunten Hund?


Wieder sind wir ganz in Schnee.
Der Wald hat eine Türe aufgetan.
Wie wenn wer ein weisses Buch
aufschlägt mit lauter goldenen
Märchen darin. Die Prinzessin
der Märchen bist du in weissem
Kleid und in silbernen Schuhen.

Dieser siebenzeilige, handschriftliche Eintrag steht auf dem Vorsatz eines Skibuches, welches ich letzte Woche via www.zvab.com vom Fabri Internet Antiquariat in Ulm erhielt. Das Buch heisst „Schnee. Verse für empfindsame Skileute von Hans Roelli Arosa“. Laut Antiquar Dr. Jürgen Aschoff hat Roelli den Eintrag selbst geschrieben. Der 44seitige Band enthält 32 Gedichte sowie 7 ganzseitige Zeichnungen von Karl Hügin. Ein Bijou! Auch wenn die Poesie heute teilweise bruchharschig statt neuschneeig erscheint. Aber das Gedicht „Quersprung“ hat den Charakter dieser einstmals geschätzten Wende- und Anhaltetechnik auf Ski doch ganz gut erfasst – kein Wunder, hat Hans Roelli (1889 – 1962) doch einen nach ihm benannten Quersprung erfunden:

Mitten in hochgerissenem Schnee,
der wie ein Brunnen strahlt, schlage
ich – Füsse zur Hüfte gedrängt
die Ski in die klingende Wage.

Und stürze, ein niederzuckendes Schwert
tief ein in den fangenden Lauf.
Ich halte. Die Fäuste entballen sich,
lockern die Spannung und lösen sie auf.

Auf der Homepage des Fabri Antiquariats finden sich Infos zum dichtenden Skifahrer oder skifahrenden Dichter: „Hans Roelli aus dem Luzernbiet gilt als Urahn der Schweizer Liedermacher – in seiner kompromisslosen Hingabe an das Lied, in seiner unentwegten Verherrlichung des Unterwegsseins, des Wanderns, das für die Jugend des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts eine entscheidende Alternative zur bürgerlichen Lebensform darstellte. Die Roelli-Lieder – bald in Mundart, bald in Hochdeutsch gehalten und immer mit sorgfältigen Lautensätzen versehen – gehörten darum auch bald zum Lieblingsrepertoire der Wandervogel-Bewegung. Roelli riss noch als Gymnasiast von zu Hause aus, vagabundierte als Sänger und Poet durch die Lande und versuchte sich diese Freiheit mit Gelegenheitsjobs als Ski- und Schwimmlehrer zu erhalten. Später dann wurde der gesellige und lebenslustige Sänger Kurdirektor von Arosa. Während des Zweiten Weltkriegs schickte ihn die Abteilung „Heer und Haus“ als singenden Unterhalter zu den Truppen. Zwischen 1908 und 1962 schrieb Hans Roelli über 1’200 Lieder. Manche von ihnen wurden zu eigentlichen Volksliedern: von der Bevölkerung spontan aufgenommen, erweitert und variiert. Anspruchsvollere Texte, in denen sich die Wendung der deutschen Lyrik zum Expressionismus spiegelte, fanden ihr Publikum im ansehnlichen Bewundererkreis des Sängerpoeten, der sich zum „Roelli-Bund“ zusammenschloss. Hans Roellis Nachlass befindet sich in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich.“

Eine spannende Persönlichkeit; mehr zu ihr auf www.hansroelli.ch.

Hans Roelli: Schnee. Verse für empfindsame Skileute. Verlag Sport , Zürich o.J., ca 1922.
Hans Roelli: Schnee. Neue Lobgedichte und Verse. Für das Wintersportkomitee der Schweizerischen Landesausstellung 1939 herausgegeben vom Verlag Amstutz & Herdeg, Zürich (inklusive alter Gedichte aus dem ersten Schnee-Band wie „Quersprung“ und „Arosa“, das nun den Titel „Aufblauen“ hat).
Ueli Haldimann: Hermann Hesse, Thomas Mann und andere in Arosa. Texte und Bilder aus zwei Jahrhunderten. AS Verlag, Zürich 2001 (mit vier Seiten über Hans Roelli).

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