Fünf neue Führer in der «blauen Reihe» des SAC-Verlags, 2890 Seiten mit Infos, Topos, Fotos. Und ein kleiner Exkurs zur Geschichte der SAC-Clubführer.
„Um die Gletscherwelt erforschen zu können, unternahm er 1856 eine erste Reise in die Alpen. Im Januar 1859 mass er das winterliche Vorrücken des Mer de Glace. Bei diesen Tätigkeiten begeisterte er sich auch für den Alpinismus und war in der Folge an mehreren Erstbesteigungen beteiligt. Er starb 1893 an einer versehentlich eingenommenen Überdosis an Chloralhydrat, dem ersten synthetisch hergestellten Schlafmittel. Seine Witwe Louisa Charlotte Tyndall Hamilton liess auf der Belalp (Wallis) einen Gedenkstein für ihren Gatten errichten. Dieser mächtige Findling steht in der Nähe der Villa Tyndall. Von seinem Standort aus kann man das Weisshorn, wohl Tyndalls grösster alpinistischer Erfolg, sehr gut sehen. Das Denkmal erinnert in würdiger Form an den berühmten irischen Physiker, Naturforscher und Bergpionier.“
Das schreibt Bernhard Rudolf Banzhaf in der Einleitung zum Weisshorn (4506 m) über einen seiner drei Erstbesteiger; die Führer von John Tyndall am 19. August 1861 waren Ulrich Wenger und Johann Joseph Bennen (eigentlich Benet, aber das englische Bennen hat sich durchgesetzt). Tyndall erklärte übrigens als erster, warum der Himmel blau ist (Tyndall-Effekt). Mit einem blauen Streifen sind auch die Führer des Schweizer Alpen-Clubs markiert, welche alpine Touren vorstellen; früher hiessen diese handlichen Bücher ganz einfach Clubführer, aber einst war der Bergsport auch nicht in all die Disziplinen Hochtouren, Alpinwandern, Sportklettern, Eisklettern, Bouldern und Klettersteige aufgeteilt gewesen.
Gleich fünf neue „Clubführer“ sind nun erschienen, von Weisshorn, Dent Blanche und Matterhorn über Eiger, Mönch und Jungfrau zu Oberalpstock und Windgällen und dann noch weiter zu Ringelspitz, Aroser Weisshorn und Schesaplana. Dazu der Auswahlführer für die Berge der Zentralschweiz, der auswählte Hochtouren, alpine Bergwanderungen und Klettereien vorstellt. Insgesamt 2890 Seiten voller Infos, Topos, Fotos; das sollte reichen für diesen Sommer. Dass sich da und dort ein Fehler eingeschlichen hat, ist bei so vielen Seiten unvermeidlich. Schade ist nur, dass 30 der 111 Fotos im Jungfrau-Führer leicht bis ziemlich unscharf gedruckt sind. Da hätte es auch nichts genützt, wenn man am Schluss des Führers „Berichtigungen“ eingefügt hätte. So was gab es nämlich noch in alten Büchern. Zum Beispiel 1916 im ersten Band der „Clubführer durch die Graubündner-Alpen“ (mit Ringelgebirge sowie den Bergen zwischen Segnespass und Oberalpstock). Auch im „Guide des Alpes Valaisannes, volume II, Du Col du Collon au Col du Théodule“ (ich habe nur die französische Ausgabe dieses Werkes von Heinrich Dübi zur Hand) finden sich dreieinhalb Seiten mit „compléments et corrections“. Dieser Führer, der Vorgänger der aktuellen Ausgabe von Banzhaf & Co., erschien erstmals 1921 auf Deutsch.
Doch wann kam überhaupt der erste SAC-Führer heraus? 1864, ein Jahr nach der Gründung, begann der SAC mit der Herausgabe von sogenannten Itinerarien. 1901 beschloss die Abgeordnetenversammlung, Clubführer herauszugeben. Nur ein Jahr später lag als erster der neuen Reihe der Glarnerführer in den Händen der Clubisten. 1906 folgte der Führer durch die Urner Alpen (in zwei Bänden). Aber hier die Geschichte der „Hochgebirgsführer durch die Berner Alpen“ aufzuschlagen, die sich wie andere Werke auf den „Climber‘s Guide“ stützen, übersteigt den Rahmen einer simplen Buchvorstellung. Nur so viel: Im zweiten Band mit den Bergen von der Gemmi bis zum Mönchsjoch ist der Eiger auf viereinhalb Seiten abgehandelt, wovon zwei für den Namen „Eiger“ aufgewendet werden; bloss vier Routen sind beschrieben, wobei diejenige über den Mittellegigrat nur im Abstieg. Anders präsentiert sich der Eiger im neuen SAC-Führer von Karl Hausmann und Bernd Rathmayr: mit 60 Routen auf 82 Seiten!
Bernhard Rudolf Banzhaf, Hermann Biner, Vincent Theler: Matterhorn/Dent Blanche/Weisshorn. Vom Col Collon bis Theodulpass.
Karl Hausmann, Bernd Rathmayr: Jungfrau Region. Tschingelhorn/Eiger/Fiescherhörner/ Finsteraarhorn.
Bruno Müller: Zentralschweizer Alpen. Ausgewählte Touren zwischen Dammastock und Tödi.
Toni Fullin, Andy Banholzer: Oberalpstock/Windgällen. Chaiserstock-Kette bis Oberalppass.
Manfred Hunziker: Ringelspitz/Arosa/Rätikon. Vom Pass dil Segnas bis zum Schlappiner Joch.
Die fünf Führer sind 2010 in der blauen Reihe „Alpine Touren“ des SAC-Verlages erschienen; pro Band kosten sie 54 Franken, der Auswahlführer von Müller vier Franken mehr.
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