17 Porträts aussergewöhnlicher Alpinisten, von Whymper bis Zapparoli. Verfasst von Sylvain Jouty, französischer Schriftsteller und Alpinhistoriker für die Buchreihe «Destins de montagne».

«La paroi déploie, sur 2,5 kilomètres de hauteur et à peu près 3 de large, un labyrinthe de pentes de neige, de séracs, de couloirs encaissés et d’éperons rocheux de proportions himalayennes, un monde en soi dont le soleil découpe les éléments, qui sont autant de lieux-dits – des lieux-dits où souvent bien peu sont passés: couloir Marinelli, Imsengrücken, Crestone Innominato, Linceul, Cresta del Poeta, œil de Zumstein, couloir de la Solitude, Crestone Zapparoli… On nomme ces lieux comme on nommerait les cratères de la Lune. Ils ne sont pas moins mystérieux et, même regardés au télescope depuis Macugnaga, à peine moins inaccessibles.»
Welche Wand hier Sylvain Jouty in seinem jüngsten Buch wohl beschreibt? Ganz einfach: die höchste der Alpen, die Ostwand des Monte Rosa. Ein Alpinist war ihr total verfallen. Zwischen 1934 und 1948 eröffnete er dort drei neue Routen. Und als er noch eine vierte versuchte, passierte folgendes:
Am 17. August 1951, so gegen fünf Uhr nachmittags, als die grosse Wand im Schatten lag, trat Zaverio Lagger, Hüttenwart des Rifugio Zamboni Zappa auf der Alpe Pedriola und Chef der Bergführer im Tal, auf die Terrasse und suchte mit dem Fernglas die Wand ab. Auf den Schnee- und Eisfeldern unter dem „occhio della Zumstein“, dem Auge der Zumsteinspitze, auf ca. 4000 m Höhe, bewegte sich – es war kaum zu glauben – ein kleiner schwarzer Punkt allein vorwärts. Lagger ging zurück in die Hütte. Neugierig geworden, kam er wieder, schaute erneut durchs Fernglas. Kein schwarzer Punkt mehr, weg, einfach verschwunden im Nichts. Am 9. September 2007 fand man die Überreste des Alpinisten: Ettore Zapparoli. Eine schier überirdische Figur des italienischen Alpinismus. Und einer der 17 aussergewöhnlichen Alpinisten, die Jouty uns näher vorstellt.
Sylvain Jouty, Jahrgang 1949, ist Schriftsteller, Alpinhistoriker sowie Herausgeber der in den Éditions Hoëbeke (Paris) publizierten Bergbuchreihe „Retour à la montagne“ und „Destins de montagne“. Von 1981 bis 1998 war er Chefredaktor der Zeitschrift „Alpinisme & Randonnée“. Er war federführend bei der Herausgabe des „Dictionnaire des Alpes“ (Glénat, 2006), der bisher umfassendsten Enzyklopädie der Alpen (800 Seiten, 24 x 32 cm, knapp 3,5 kg). Jouty lebt in Paris und in Buis-les-Baronnies.
Folgende Alpinistes extraordinaires stellt Sylvain Jouty nun vor: Marc Théodore Bourrit, Paccard und Balmat, Ramond de Carbonnières, Albert Smith, Henry Russell-Killough, Edward Whymper, William Augustus Brevoort Coolidge, Aleister Crowley, Maurice Wilson, Bill Tilman, Léon Zwingelstein, Ettore Zapparoli, Gwen Moffat, Warren Harding, Johnny und Guy Waterman. Vielleicht hätte Jouty auch noch einen Lammer oder Morgenthaler vorstellen können; über eine Auswahl kann ja immer diskutiert werden. Die „Femmes alpinistes“ stellt Agnès Couzy übrigens in der gleichen Buchreihe vor. Lesenswert sind die Porträts in jedem Fall. Zum Beispiel im Rifugio Zamboni Zappa, wenn grad wieder eine Stein- und Eislawine rechts oder links vom Crestone Zapparoli herabdonnert.
Sylvain Jouty: Alpinistes extraordinaires. Éditions Hoëbeke, Paris 2009, Euro 19.- (zu beziehen in der alpinen Buchhandlung Piz Buch & Berg in Zürich, www.pizbube.ch)