Alpinwandern im Freiburgischen

Wandern im Welschland, das muss einem Ostschweizer erst mal in den Sinn kommen! Zweihundert Gipfel solls im Freiburgischen geben, steile wie die Gastlosen, aber auch sanftere, mit Sendemasten oder Gipfelkreuzen bestückte, und dazu auch noch den schönsten Hügel Zentraleuropas. Dass der den Röstigraben überbrückende Wanderführer unseres Rezensenten exakt zum 1. August erschienen ist, ist gewiss kein Zufall.

Cover Freiburg

Einen Berg giebt’s in der Schweiz –
Von den höchsten, schönsten einer,
Fühlet ihr der Neugier Reiz –
Auf, besteigt, wie Unsereiner,
Den Moleson, den Moleson!

Die deutsche Übersetzung der Moléson-Liedes findet sich im grausam schönen Gedichtband mit dem etwas langen Titel „Helvetiens Natürschönheiten, oder das Schweizerland, mit seinen berühmtesten Bergen, Thälern, See’n, Flüssen, Wasserfällen und Heilquellen, nebst Anhang über Städte, Schlösser, Denkmale etc.“ aus dem Jahre 1856. In einer Fussnote ist zudem erklärt: „Moleson ist der Rigi der westlichen Schweiz, indem er demselben durch seine erhabene und abwechselnde Fernsicht wenig oder nichts nachsteht. Man sieht die Alpen Savoyens, den Montblanc in der Mitte, die Walliser- und Berner-Hochgebirge, den Genfer-, Neuenburger-, Bieler- und Murtner-See.“ Schöne Aussichten, nicht wahr?

Der Moléson (2002 m) ist nicht der höchste, dafür – weil am Rande stehend – der auffälligste Berg der Alpes fribourgeoises. Und der bekannteste, seit man ab dem 18. Jahrhundert die Gipfel als solche wirklich wahrzunehmen, zu bewundern und schliesslich zu besteigen begann. Im „Historischen Lexikon der Schweiz“, das nicht eben viele Gipfeleinträge aufweist, erhielt er als einziger Freiburger Gipfel neben dem Mont Vully einen eigenen Eintrag, und auch in die massgebende französische Enzyklopädie Larousse kennt ihn. Die erste Freiburger Sektion des Schweizer Alpen-Club, die am 17. September 1871 in Romont gegründet wurde, heisst nach ihm. Charles Cornaz-Vuilliet widmet ihm im Buch „En pays fribourgeois“, das als dritter Band der Reihe „La Suisse romande en zigzag“ 1892 bei der Librairie de l’Université in Fribourg erschien, alleine zwölf Seiten. Abgedruckt ist natürlich auch das Moléson-Lied, auf Deutsch und im Greyerzerdialekt. Das tönt dann so:

Din la Suisse lia ouna montagne
Dei plie hauté, dei plie ballé.
Sche vojei la curiojità
Prindé la peina dè montà
A Moléson, à Moléson!

Voilà Le Moléson! Die Nummer 1 der Freiburger Berge. Und deshalb beginnt der neue SAC-Alpinwandern/Gipfelziele-Führer „Freiburg“, der seit dem 1. August 2014 in den Läden liegt, mit dem Moléson. Und hört mit dem Mont Vully (653 m) auf, dem „schönsten Hügel Zentraleuropas“, wie die Biologin Astrid Fasel in ihrem Beitrag über die Flora schreibt. Der Führer stellt in 49 Touren alle rund 200 erwanderbaren Gipfel des Kantons Freiburg vor. Also nicht nur die Freiburger Alpen, sondern auch ein paar ihnen vorgelagerte Hügel wie den Gibloux, der wegen seines 118 Meter hohen Antennenturms fast so gut erkennbar ist wie der Moléson. Da hat es Ziele darunter, an die sich nur die Liebhaber senkrechter Grasrouten wagen sollten, beispielsweise die Gastlosenspitze (1995 m). Doch es gibt auch leicht erreichbare Gipfel wie La Berra (1719 m), die mit dem Moléson, der Kaiseregg (2185 m) und dem Vanil Noir (2389 m) als Top of Fribourg zu den Bergen gehört, die jeder Freiburger Montagnard einmal im Leben besucht haben sollte.

Das neue Freiburg-Buch beschreibt nicht nur alle Wandergipfelrouten, sondern enthält auch Beiträge zu Blumen und Steine, zu Höhlenforscher und Höhenmessung, zu Gipfelkreuze und Grenzgipfel. Und zu Fribourg culinaire. Davon war schon Alfred de Bougy begeistert, als er in Sugiez am Fuss des Mont Vully einkehrte. In „Voyage dans la Suisse française et le Chablais“ aus dem Jahre 1860 schreibt er: „Je fis halte près du pont dans une pinte où je ne trouvai, pour me réconforter, que du fromage de Gruyère, – mais il était de première qualité; – du pain noir, – mais frais et d’un goût exquis, – et un de ces vins rouges, clairets, légers, agréables et sains, qui croissent sur les pentes du Vully.“ Schöne Aussichten, nicht wahr?

Daniel Anker, Manuel Haas: Freiburg. Le Moléson bis Kaiseregg, Vanil Noir bis Mont Vully. Reihe Alpinwandern/Gipfelziele, SAC Verlag, Bern 2014, Fr. 49.-

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