Zwei neue Kataloge mit kostbaren Bergüchern und -bildern.
«Aus grünen Wiesengründen schwingt es sich [das Wetterhorn] als gewaltiger, vielfach zerrissener Felscoloss in steilen Hängen zu bedeutender Höhe empor, um mit schimmernden Schneefeldern und glänzenden Firnkegeln sich zu überdachen. Zu welcher Tages- und Jahreszeit man es auch immer betrachten mag, stets bietet es eigenthümliche Schönheiten, ob in leisem Dufte bläulich verschwimmend, ob scharf in allen seinen Theilen ausgeprägt, und jede Beleuchtung, vom blendenden Strahle der Sonne bis zum blassen Lichte des Mondes, verleiht ihm einen besonderen Zauber.»
Das schreibt Christoph Aeby, Professor für Anatomie und Anthropologie in Bern, im Buch «Das Hochgebirge von Grindelwald. Naturbilder aus der Schweizerischen Alpenwelt». Es liest sich so frisch, als wäre es gestern erschienen und nicht 1865 im Verlag von Karl Baedeker in Koblenz. Als Verfasser des mit einem farbigen Panorama, neun Holzschnitten und mit einer topographischen, von Rudolf Leuzinger gestochenen 1:50‘000er Karte ausgestatteten Werkes zeichnen Aeby, Edmund von Fellenberg, Bergbauingenieur und SAC-Mitbegründer in Bern, sowie Rudolf Gerwer, Pfarrer in Grindelwald. Sieben der zehn Kapitel verfasste Aeby, so auch die Berichte über die Besteigung des Wetterhorns am 29. Juli 1863 und über die Umrundung der Wetterhörner vom 12. bis 15. August 1863.
Am 28. Juli reist Aeby von Bern nach Grindelwald und eilt mit den Führern Christian Gertsch und Hans Baumann der Gruppe nach, die vor ihm nach Gleckstein aufgebrochen ist. Ausführlich und mustergültig beschreibt er den Weg dorthin. In der Nacht kommen die drei Alpinisten zur Biwakhöhle von Gleckstein, wo sie Aeby’s Freund Gerwer, Karl Baedeker aus Koblenz und Theodor Beck, der Bruder des berühmtem Hochgebirgsfotografen Jules Beck, mit ihren Grindelwaldführern Christen Bohren, Christen und Peter Michel treffen. Am 29. Juli klettern die neun Alpinisten, schon bald einmal durchs Seil verbunden, über oft brüchige Felsen («rechts und links flogen die oft faustgrossen und noch grösseren Felsstücke an den Köpfen vorbei») in den Wettersattel hinauf, wo sie Rucksäcke deponieren; «nur eine kleine Flasche mit Rum hatte die Ehre uns zu begleiten» – und eine Fahne, um sie eine Stunde später in den Gipfelfirn zu setzen. Nochmals Aeby, als sie ganz oben sind: «Das erste Geschäft bestand darin, der übrigen Menschheit durch Aufziehen der mitgebrachten Fahne den glücklichen Ausgang unseres Unternehmens zu verkünden. Es war ein eigenes Gefühl, hier oben in der freien Luft zu sitzen. Wie auf hoher Thurmspitze schwebte man über dem Lande. Unter den Füssen hinweg schien die Schneefläche in’s Nichts zu zerfliessen und diese scheinbare Bewegung nach unten erhöhte den Eindruck, als schwebe man im weiten Aethermeer.»
Lesenswert, nicht wahr? Kaufenswert vielleicht auch. Gut, nicht ganz billig. Aber Weihnachten steht ja vor der Tür. Wer nun also ein besonderes Bergbuch erwerben oder schenken möchte, wird im neuen Katalog von Harteveld Rare Books von Fribourg sicher fündig, das nötige Klein- bzw. Grossgeld vorausgesetzt. Im Katalog Nr. 283 steht der erste Teil der grossartigen Sammlung von Peter Ernst Obergfell (1940 – 2023) zum Verkauf, knapp 300 kostbare, alte Bücher und Panoramen zur Schweiz, den Bergen, dem Bergsteigen, dem Badewesen, der Kunst. Unter 100 Franken gibt’s kaum etwas, über 1000 einiges. «Die Wanderungen in der Gletscher» (1843) von Georg Hoffmann kosten 350 Fr., das «Das Hochgebirge von Grindelwald» 550 Fr., «Poles and Tales; or English vagabondism in Switzerland, in the summer of 1854» 1500 Fr., was aber gar nicht soo teuer ist, weil bis jetzt nur dieses eine Exemplar bekannt ist. Und das macht die Kataloge von Harteveld studierenswert: Weil man da seltene Bergbücher findet. Wenn sie dann noch in der Nationalbibliothek in Bern oder in der Zentralbibliothek des Schweizer Alpen-Clubs stehen bzw. stehen werden, tant mieux.
Wenn von Katalogen die Rede ist, sei noch auf den neuesten, gestern verschickten von John Mitchel Fine Paintings hingewiesen. Er enthält die Yosemite-Gemälde von James Hart Dyke, die in den letzten beiden Jahren entstand sind. Einzigartig, dieses Tal in Kalifornien mit seinen beiden berühmtesten Gipfeln El Capitan und Half Dome. Nun kongenial festgehalten mit Ölfarbe. Hoffentlich malt James Hart Dyke auch mal das Wetterhorn.
Harteveld Rare Books: Catalogue 283 Peter Obergfell. https://www.harteveld.ch/Harteveld_cat283.pdf
John Mitchel Fine Paintings: Yosemite by James Hart Dyke. Die Ausstellung in London läuft noch bis zum 12. Dezember 2024. www.johnmitchell.net/catalogues-detail/8295