Auf Klimaspuren und Alpeneis – Albert Mountain Award

Der 1111. Eintrag auf bergliteratur.ch wärmt mit brandaktuellen Themen und Veranstaltungen.

«Am 29. Juni [2021] war Klimaspuren im Alpinen Museum in Bern mit dabei am Gespräch „Die Alpen: Opfer und/oder Verursacher des Klimawandels?“ Über dem Podium hing das Bild „Aufstieg und Absturz“ von Ferdinand Hodler. Darunter diskutierten (v.l.n.r.) Benno Steiner und Françoise Jaquet, SAC, Dominik Siegrist, Klimaspuren, Katharina Conradin, CIPRA International, Jon Pult, Alpen-Initiative, und Jürg Schweizer, Institut für Schnee- und Lawinenforschung.»

Sozusagen prophetische Bildlegende im Kapitel „Bergsturz und Autoflut“ im Buch „Auf Klimaspuren. Eine Expedition von Ilanz nach Genf“. Denn am kommenden Freitag Nachmittag und Abend werden Katharina Conradin und Dominik Siegrist wieder unter Hodlers Monumentalgemälde im Alpinen Museum der Schweiz sitzen, diesmal jedoch in anderer Funktion. Er als Präsident der King Albert I Memorial Foundation, die zum 15. Mal den Albert Mountain Award überreicht. Sie als Moderatorin der Gesprächsrunde mit den vier neuen PreisträgerInnen. Sowohl Gesprächsrunde wie Feier sind öffentlich. Und, ein kleiner Rückblick zur Diskussionsrunde vom letzten Juni: Mit Jürg Schweizer war ein früherer Preisträger dabei; sein Institut erhielt 2020 den Albert Mountain Award.

Das angesprochene Bild mit der passenden Legende findet sich in einem Buch, das ich zur Lektüre und zum Anschauen wärmstens empfehlen kann, obwohl oder gerade weil es wieder kälter geworden ist und wahrscheinlich noch viel kälter werden wird, wenigstens drinnen. „Auf Klimaspuren“ dokumentiert auf 288 Seiten, mit 72 Beiträgen und 150 Fotos leicht lesbar und schwer fundiert den Stand der Klimapolitik in der Schweiz, erwandert und erforscht im Sommer 2021 auf einer öffentlichen Wanderung von Ilanz nach Genf mit 42 Etappen und 75 Ortsterminen. Das Buch ist, so heisst es zum Auftakt, „ein Expeditionsbericht zur Klimakrise in der Schweiz. Es folgt den Spuren, die der Klimawandel in der Gesellschaft und der Natur hinterlässt, es zeigt Spielräume und Befindlichkeiten auf und dokumentiert, wie sich Menschen und Institutionen gegen die Klimafolgen wappnen und wie sie sich engagieren, damit die Zukunft klimaverträglich werden kann.“ Am Schluss des Buches findet sich ein Glossar zum Thema Klima; zudem führt ein QR-Code zu den Quellen und zu weiterführender Literatur. Anders gesagt: Wer zum Klima informiert sein bzw. informieren will, muss „Auf Klimaspuren“ wandern.

Wer sehen will, wie die Gletscher heute aussehen, nimmt den Bildband „Alpeneis. Gletscher und Permafrost im Klimawandel“ von Bernhard Edmaier zu Hand. Etwa 4400 Gletscher gibt es in den Alpen – noch, denn das ewige Eis ist leider nicht so. Bis zum Ende unseres Jahrhunderts sollen laut Prognosen sogar vom grössten Alpengletscher, dem Aletschgletscher, nur noch wenige Eisfelder übrig sein. Eine fast unvorstellbare Vorstellung, leider aber wahr und unmissverständlich sichtbar. Die 185 Fotos, vor allem Luftaufnahmen, zeigen, welche Formenvielfalt dabei verloren geht, aber zugleich auch, was neu entsteht: farbige Seenlandschaften, vom Eis geschliffene Felsen oder wüstenhafte Schutthänge, von denen die Vegetation allmählich wieder Besitz ergreift. Zum Glück hat Edmaier ein paar Winterfotos in seinen Bildband hineingenommen, dann sieht es wenigstens noch etwas firnig aus. Die mächtige Nordostwand des Weisshorn ist einfach grandios – auf der Doppelseite 150/151; in Wirklichkeit wie in diesem Sommer, kurz erblickt auf der Fahrt nach Zermatt, eine graue Felsflanke mit ein paar Hängegletschern. Weiter vorne im Buch die Gegenüberstellung der berühmten Gletscherwelt von Bernina, Scerscen und Roseg im August 2003 und im Juli 2021. Himmeltraurig, trotz des gleich blauen Himmels. Von solchen Vergleichen wird auch am 23. September im Alpinen Museum in Bern die Rede sein.

Alle zwei Jahre verleiht die schweizerische King Albert I Memorial Foundation den internationalen Albert Mountain Award. Mit dem Preis werden Menschen und Institutionen ausgezeichnet, die sich für die Welt der Berge als Sportler, Forscherinnen oder Kulturschaffende besonders verdient gemacht haben. Die neuen PreisträgerInnen sind Bernd Arnold, deutscher Kletterpionier und ungekrönter König des Elbsandsteingebirges; Sofie Lenaerts, belgische Spitzenalpinistin und Entwicklungshelferin; Nam Nan-hee, südkoreanische Weitwanderin mit dem Ziel eines grenzüberschreitenden Friedenspfades; die deutsche Gesellschaft für ökologische Forschung, die mit ihrem Gletscherarchiv den Klimawandel im Hochgebirge zugleich dokumentiert und veranschaulicht.

Köbi Gantenbein, Dominik Siegrist, Zoe Stadler (Texte), Ralph Feiner, Jaromir Kreiliger (Fotografie), Sylvain Badan, Lucie Wiget (Mitarbeit): Auf Klimaspuren. Eine Expedition von Ilanz nach Genf. Edition Hochparterre, Zürich 2022, Fr. 49.-

Bernhard Edmaier (Fotos), Angelika Jung-Hüttl (Texte): Alpeneis. Gletscher und Permafrost im Klimawandel. Rother Verlag, München 2022, € 47,00.

Albert Mountain Award 2022. Gesprächsrunde und Preisverleihung im Alpinen Museum am Freitag, 23. September 2022. 14 bis 16 Uhr: die PreisträgerInnen im Gespräch (Moderation Katharina Conradin, ehemalige Präsidentin CIPRA International); 16 bis 17 Uhr: Apéro mit Spezialitäten aus den Ländern der Award Winners; 17.30 bis 18.30 Uhr: feierliche Übergabe des Albert Mountain Award. Anmeldung erwünscht: booking@alpinesmuseum.ch oder 031 350 04 42.

DDR-Kletterer im nordkoreanischen Diamant-Gebirge. Der letzte Höhepunkt der Ausstellung „Let’s Talk about Mountains. Eine filmische Annäherung an Nordkorea“ im Alpinen Museum in Bern; sie geht am Sonntag, 25. September 2022, zu Ende. 1984 eröffneten Bernd Arnold und Joachim Schindler, Mitglieder einer Kletterdelegation aus der DDR, in den Granitbergen von Nordkorea mehrere Kletterwege, darunter den «Weg des Dankes» oder die «Route der Freundschaft». Im Hodlersaal erzählen die beiden von herausfordernden Routen, falsch gepackten Koffern und einem aufsehenerregenden Nacktbad im Ostmeer. Mittwoch, 21. September 2022, 18.30 bis 20 Uhr.

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