Bauer & Frischknecht

Wandervögel, Leckermäuler und Stubenhocker aufgepasst: Der neue, siebte Bauer & Frischknecht ist da! Diesmal waren die beiden im Vinschgau unterwegs, jenem Tal, das sich vom Reschenpass nach Meran erstreckt, an den östlichsten Gipfeln der Schweiz vorbei und am höchsten Berg Südtirols. Mit dabei als Fotograf: Marco Volken.

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„Die Straße über den Passo Stelvio, das Stilfser Joch, ist eine Legende, geplant aus politischem Kalkül, 1820–1825 erbaut, 48 Kehren von Trafoi her und 34 von Bormio und mit über 2700 Metern über Meer zu ihrer Zeit die höchste Alpenstraße Europas. Eine wintersichere Verbindung zwischen den österreichischen Stammlanden und der neuerdings ebenfalls österreichischen Lombardei. Die Legende treibt noch heute den Puls ihrer Liebhaber in die Höhe, seien es Biker oder Motorradfahrer. Unzählige Male führte der Giro d’Italia über den Stelvio. 1953 haben hier der Italiener Fausto Coppi und Hugo Koblet, die Schweizer Rennlegende, Sportgeschichte geschrieben (Fans suchen auf Youtube mit fausto coppi stelvio).

Wir lassen uns im Bus aufs Stilfser Joch fahren, das im Sommer von drei Seiten bedient wird: von Bormio im obersten Veltlin, aus dem schweizerischen Münstertal oder von Prad im Vinschgau. Wer schon am Nachmittag auf dem Stelvio ankommt, hat Zeit für den Zweistundenabstecher auf die Rötlspitze. Mehr Überblick ist beim besten Willen nicht zu haben, mehr Namedropping auch nicht, von König Ortler im Süden bis zur Weisskugel im Osten, vom Piz Umbrail über den Piz Bernina im Westen bis zu den Veltliner Gipfeln über Bormio.

Beim kurzen Aufstieg vom Stilfser Joch zur Dreisprachenspitze fallen neuere Marksteine auf, welche die Grenze zwischen den beiden italienischen Provinzen Sondrio (Veltlin) und Bozen (Südtirol) markieren. Jahrelang war um den Verlauf gestritten worden – friedlich. Und nicht auf Leben und Tod wie 1915 bis 1918, als sich Italien und Österreich einen absurden Winterkrieg lieferten. Österreich konnte zwar die Grenze an der Ortlerfront halten, verlor aber den Krieg und deshalb an der diplomatischen Front Südtirol an Italien.

Wir haben im Rifugio Garibaldi, dem eigenartigen Turmbau auf der Dreisprachenspitze, ein kleines Zimmer mit WC und Dusche reserviert und widmen uns nun beim Apéro auf der Terrasse der Aussicht aufs Nächstliegende. Fast schon makaber wirken die halbleeren großen Hotels an der Passstraße und die mit der Seilbahn verkabelten Hotelfestungen im Skigebiet auf dem Gletscher. Sie sind Zeugen einer weiteren verlorenen Schlacht am Stelvio, diesmal gegen den Gletscherschwund und den Zeitgeist, der Sommerskifahren nicht mehr trendy findet (im Winter ist der Pass geschlossen).“

So beginnt die siebte, mit „Der längste Tag“ überschriebene Wanderung im druckfrischen Wander(lese)buch „Schüttelbrot und Wasserwosser“ von Ursula Bauer und Jürg Frischknecht. Die Tour führt vom Stilfser Joch (2758 m) über den Piz da las Trais Linguas (2843 m) – eigentlich schade, dass nicht dieser Piz der östlichste Gipfel der mehrsprachigen Schweiz ist! – hinunter ins mittelalterliche Glurns im Talboden des Vinschgau. Vinschgau also, dieses italienisch angehauchte Tal zwischen dem Ostzipfel der Schweiz und Österreich, bekannt für seine Bewässerungskanäle wie im Wallis (nur heissen sie hier Waale), für seine Äpfel, für den Ötzi natürlich, der (zum Glück) grad nicht drüben in Österreich gefunden wurde, und für vieles mehr. All das lernen wir mit den zwei Gourmet-Kultur-Wanderern aus Zürich kennen und schätzen. Im Sofa, noch ein bisschen besser vor Ort. Einmal mehr Entdeckungsreisen von Fuss bis Kopf inklusive Bauch.

Wer mit den Büchern „Grenzschlängeln – Zu Fuß vom Inn an den Genfersee“, mit „Veltliner Fussreisen“, „Antipasti und alte Wege in der Valle Maira“ (ganz neu übrigens die 7. Auflage!), mit „Bäderfahrten“, „Grenzland Bergell“ oder „Auswanderungen“ wandert, weiss, geniesst und unterstützt mehr, geht, isst und schläft besser. Das ist mit dem neuen „Vinschgau“ nicht anders.

Die 31 Touren zwischen Stelvio und Meran sind präsentiert in einer klugen Mischung von Gegenwart und Geschichte, garniert mit aussagekräftigen Illustrationen aus beiden Zeiten. Dazu gibt es drei starke Bildergeschichten von Marco Volken zu den Themen Wasser/Landschaft, Schafe und Architektur/Bauen.

Die Buchvernissage von „Schüttelbrot und Wasserwosser“ findet am Freitag, 13. Mai 2011, in der Wirtschaft Neumarkt am Neumarkt 5 in 8001 Zürich statt, um 18.30, inklusive Vinschger Apéro. Um 20 Uhr beginnt dann das Vinschger Menü, zu dem man sich aber unter info@rotpunktverlag.ch anmelden muss; Kostenpunkt Fr. 60.- Es gibt mehr als Brot und Wasser…

Ursula Bauer, Jürg Frischknecht: Schüttelbrot und Wasserwosser. Wege und Geschichten zwischen Ortler und Meran – Wandern im Vinschgau. Mit Bildergeschichten von Marco Volken. Rotpunktverlag, Zürich 2011, Fr. 47.-

Ein Gedanke zu „Bauer & Frischknecht

  1. Liebe Frau Brunner und Herr Frischknecht
    danke für die tollen Bücher, die Sie schreiben. Ich habe einige Bemerkungen zu Maloja, falls es eine Neuauflage von Grenzland Bergell geben sollte.
    Wir haben eine Wohnung im Alpina gebucht und uns sehr auf die Bewirtung und das von Ihnen angekündigte feine Slow Food Essen gefreut. Leider hat im März ein Wirtewechsel stattgefunden. Das Essen war okay, aber sicher nicht vergleichbar. Die Gastgeberin war eine Zumutung. Egal wann ein Gast einen Wunsch äusserte und sei er noch so klein, er störte immer bei der Arbeit und das wurde ihm auch mitgeteilt. Sehr schade. Wir können das Alpina nicht weiter empfehlen.
    Einkaufen: Die Latteria ist zur Zeit noch das einzige Lädeli in Maloja, wird aber Ende Saison auch geschlossen.

    Ansonsten haben wir unseren Aufenthalt in Soglio und Maloja sehr genossen.
    Mit besten Grüssen
    Ruth Bipp

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