Berg und Bank

Banken hängen sich gern einen Berg ins Schaufenster, meist das Matterhorn und oft einen Bergführer auf steilem Grat mit dem Gast am Seil. Der Berg suggeriert Eigenschaften, die unseren Banken inzwischen abhanden gekommen sind.

notenstein

Es ist nicht gerade ein stolzer Berg, den uns die jüngste Bank der Schweiz in ihrem ersten Inserat präsentiert. Scheint ein Alpsteinzapfen zu sein, der aus karstigen Alpweiden hochragt, der Fels auf den ersten Blick nicht besonders fest. Der brüchige Gipfel soll trotzdem Festigkeit und Ewigkeit suggerieren, auch wenn man weiss, dass Fels niemals felsenfest ist, und Berge zerfallen genauso wie Banken, nur etwas langsamer. Die etwa eine Woche alte Bank, die da mit Alpsteingestein wirbt, hat auch noch das Wort «Stein» im Namen – vielleicht Zufall, vielleicht ein Trick schlauer Werber, der ins Unbewusste zielt. Denn die jüngste Bank ist der Überrest der ältesten der Schweiz, ihre Geröllhalde sozusagen, übernommen von Raiffeisen, die aus den flachen Agrargebieten im Norden stammt, also dem Gegenteil von Berg sozusagen. Sitz in St. Gallen am Rand des Alpsteins, und da sei ein kleiner alpinhistorischer Abstecher erlaubt. Ruedi Schatz, grosser Bergsteiger und Alpsteinpionier, Autor des ersten wunderbaren Alpsteinführers, Mitbegründer des Kletterclubs Alpstein, Nationalrat und Banker war einst Teilhaber der jetzt zur «Bad Bank» geschrumpften Bank Wegelin, aber zu seiner Zeit war sie noch solide und diskret und so wir hoffen auch noch nicht ins giftige Geschäft mit Steuerhinterziehern verstrickt.
Denn Wegelin sei ja, wie man liest, durch Übernahme der Schwarzgelder von der UBS in den Steinschlag der US-Justiz geraten. Und da kommt einem eine andere Berg & Bank-Geschichte in den Sinn. Liessen doch ein paar spitzfindige Glarner am 22. Juni 2010 eine tonnenschwere Bank aus dem Uraltgestein Verrucano per Helikopter aufs Vrenelisgärtli fliegen und dort einzementieren – gesponsert von der UBS, die ja wieder sponsern und Boni schütten konnte nach der Rettung durch den Staat, den man sonst gern auf Distanz hält. Sinn dieses Schwachsinns sei eine «Begegnung» zwischen der «grössten Gemeinde Glarus Süd» und der «grössten Stadt Zürich», bekannt auch als Finanzplatz der Schweiz. Scheints habe auch Zürichs SP-Stadtpräsidentin Corinne Mauch mal auf jener Bank mit Blitzableiter ausgeruht, nach Besteigung des Vrenelisgärtli ohne Helikopter und ohne dass sie, wie weiland die freche Jungfer, unter dem Schnee verschwunden sei vor Scham über die Verschandelung eines schönen Gipfels im Namen einer Bank, die auch sonst viel verschandelt hat im Land.

Ein Gedanke zu „Berg und Bank

  1. Danke für den scharfsinnigen Kommentar, Emil. Könnte jedes Komma und jeden Satz unterschreiben.

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