CAI & SAC

Vor lauter SAC-Jubiläum und Berlusconi hätten wir’s fast vergessen: Auch die Italiener haben einen Alpen-Club und auch der ist 150 Jahre alt geworden. Wenn man die Jubiläumsliteratur des CAI auf die Waage legt, sieht der SAC mit seinen Schriften zur Feier sogar noch ein bisschen älter aus. Aber eben, nicht nur wägen und blättern, auch Italienisch müsste man können. Unser Rezensent kann’s!

„It may be interesting to some readers of the ‚Alpine Journal‘ to know that, besides the Alpine Clubs which have been already established in Switzerland and Vienna, in imitation of the English one, another has been recently formed at Turin. M. Quintino Sella, Finance Minister at Turin, informs me, that his letter on the ascent of the Monte Viso, lately published, was especially written for the purpose of animating the Italian people to such excursions. He adds that he has been more successful even that he had anticipated, the idea of an Alpine Club having been received with favour, and 160 members already enrolled.“

Ist doch ziemlich interessant, was der Engländer Frederick William Jacomb, Erstbesteiger des Monviso und des Castor sowie Initiant der Haute Route Chamonix – Zermatt, im vierten Heft des „Alpine Journal“ vom Dezember 1863 schreibt. Vor rund 150 Jahren wurden also nicht nur der Oesterreichische Alpenverein am 19. November 1862 in Wien sowie der Schweizer Alpen-Club (SAC) am 19. April 1863 in Olten gegründet, sondern auch der Club Alpino Italiano (CAI), und zwar am 23. Oktober 1863 im Castello del Valentino in Torino. Heute vor einer Woche fand denn dort auch die grosse Jubiläumsfeier statt.

Und morgen Donnerstag wird nochmals der runde Geburtstag des SAC gefeiert: Am 31. Oktober wird auf dem Sender SRF1 um 20.05 in der Sendung DOK der Film „Die Eroberung der Alpen – 150 Jahre SAC“ von Jacqueline Schwerzmann ausgestrahlt. Die Wiederholung läuft am 1. November um 11.10 Uhr. Viel Spass beim Mitfiebern und -klettern!

Doch zurück nach bella Italia. 150 anni del Club Alpino Italiano werden natürlich mit verschiedenen Publikationen gewürdigt. „CAI 150 1863-2 013. Il libro“ nennt sich schlicht das offizielle Jubiläumsbuch. Ein weisses, schweres, gut 500seitiges Werk, in dem verschiedene Autoren Gründung und Geschichte sowie Bedeutung des Clubs und des Bergsteigens in Italien aufzeichnen. Die 23, eher wissenschaftlich abgefassten Beiträge sind durch gut ausgewählte Illustrationen abgetrennt.

Noch grösser und schwerer ist das Buch, welches die CAI-Sektion von Mirano, einer Stadt westlich von Venedig, herausgegeben hat, mit dem Matterhorn (von der Schweizer Seite!) auf dem Cover. Ein Werk mit sehr vielen Artikeln und Abbildungen (nicht immer mit exakten Legenden). Höhepunkt ist sicher der Wiederabdruck von Quintino Sellas Brief an seinen carissimo amico Bartolomeo Gastaldi vom 15. August 1863, der im folgenden September unter dem Titel „Una salita al Monviso“ in der Tageszeitung „L’Opinione“ erschien und auf den sich Jacomb in seiner Notiz in der Zeitschrift des Alpine Club bezieht. Zwei Artikel befassen sich mit der Führerreihe „Guida dei Monti d’Italia“, deren 63. und letzter Band in diesem Sommer erschienen ist: Alpi Biellesi e Valsesiane.

Ein kluges Buch zum Ursprung des CAI gab Riccardo Cerri von der Commissione Scientifica del Club Alpino Italiano – Sezione di Varallo Sesia heraus. Es zeigt auf, dass die Gründung des vierten Alpenvereins auch mit Alpinismus zu tun hat, und noch viel mehr aber mit Politik, Gesellschaft und Wissenschaft. Der Gründer des CAI, Quintino Sella (1827-1884) war Bergbauingenieur, Mineraloge und vor allem Politiker; er gehörte seit der Gründung des Königreichs Italien der Camera dei Deputati an und diente unter drei Regierungen als Finanzminister der Nation. Da blieb wohl nicht mehr viel Zeit zum Bergsteigen.

Und noch eine vierte italienische Publikation zur Geschichte des Alpinismus in Italien könnte für ein paar Leser dieser Rubrik interessant sein: „Ad est del Romanticismo. 1786-1901, alpinisti vittoriani sulle Dolomiti.“ Was die beiden Historiker Fabrizio Torchio und Riccardo Decarli hier zusammengetragen haben, ist so beeindruckend wie die Vajolett-Türme auf dem Cover des Geschichtsbandes. Sie gingen nämlich nicht nur den Spuren der britischen Bergsteiger in den Dolomiten nach, sondern auch in deren Heimatland. Und so wird ersichtlich, wie der Lake District und die Zinnen rund um Cortina d’Ampezzo zum Playground für die Alpinisten und Touristen von einst und heute geschaffen wurden. Band zwei des vorzüglich illustrierten Werkes enthält in italienischer Übersetzung die Schriften zu den Dolomiten von John Ball, Francis Fox Tuckett, Leslie Stephen und andern. Band 3 schliesslich ist ein schmaler Band zu den Orten, wo jene unterwegs waren.

6 Bücher mit total 2672 Seiten und 7240 Gramm. Vielleicht etwas gar zu schwer zum Schicken. Deshalb am besten demnächst eine Reise nach Torino planen und dort die Libreria La Montagna an der Via Paolo Sacchi 28 aufsuchen. Buon viaggio!

Aldo Audisio, Alessandro Pastore: CAI 150 1863-2013. Il libro. CAI Torino/Editore per Club Alpino Italiano, Torino 2013.

Ugo Scortegagna: 150 anni di cammino del Club Alpino Italiano. Spicchi di storia del Sodalizio più longevo dall’Unità d’Italia. CAI Sezione di Mirano/Duck Edizioni, Castelfranco 2013.

Riccardo Cerri: Alle origini del Club Alpino. Un progetto integrato di politica, progresso, scienza e montagna. Associazione Culturale Zeisciu Centro Studi, Alagna Valsesia 2013.

Fabrizio Torchio, Riccardo Decarli: Ad est del Romanticismo. 1786-1901, alpinisti vittoriani sulle Dolomiti. 3 volumi. Fondazione Accademica della Montagna del Trentino, Trento 2013.

SRF1, 31.10.2013, 20.05 Sendung DOK: „Die Eroberung der Alpen – 150 Jahre SAC“ von Jacqueline Schwerzmann. Wiederholung am 1. November um 11.10 Uhr. Die Sendung kann auch später online auf dem Videoportal von SRF angeschaut (http://www.srf.ch/player/tv) oder als Podcast heruntergeladen werden (http://www.srf.ch/podcasts).

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