Chäswandern

Der Titel Chäswandern könnte irreführend sein, doch hier bezieht er sich nicht auf den Geruch von Wanderers Füssen, sondern auf die chüschtigen Produkte am Weg, der diesmal nicht das Ziel ist. Schön, dass die Schweiz nicht nur Emmenthaler zu bieten hat, sondern hunderte von andern Käsesorten mit und ohne Löchern. Die gibt’s dann vielleicht in den Wandersocken zu stopfen.

Cover Chäswandern

„Am Fusse des Monte Zucchero liegt die Alpe di Mügaia, eine von drei Käsealpen im Val Redòrta. Ein robustes Gebäude, eingebettet zwischen steilen Geröllflanken – unwirtlich und fantastisch gleichermassen. Die Alp ist sehr alt und wurde bereits in mittelalterlichen Dokumenten erwähnt. Im Gegensatz zu den meisten Tessiner Alpen ist Mügaia seit Mitte des 19. Jahrhunderts in privatem Besitz.
Seit 2004 wird die Alp von Ester und Christian Monaco bewirtschaftet. Mit neunzig Ziegen, fünfzehn Milchkühen und den drei Kindern Tiziano, Nicola und Simona ziehen sie jeden Sommer durch das wilde, kaum besiedelte Tal hinauf zur Alp. Im Tessin haben die Kinder im Sommer zweieinhalb Monate Schulferien. Diese Zeitspanne deckt beinahe den Alpsommer auf Mügaia ab.
Nur wenige verirren sich hierher. ‚Solche wilden Alpen gibt es nicht mehr viele. Die meisten Alpen ohne Zufahrt werden nicht mehr bestossen‘, sagt Ester.“

Grund genug, diese Alp in einem der hintersten Zipfel des Val Verzasca zu besuchen. Die Rundtour von Sonogno dauert rund fünf Stunden. Allzu viel Proviant müssen wir nicht mitnehmen, Wasser hat es genug in der Val Redòrta, und die Formagella mista kann man auf der Alpe di Mügaia kaufen. Die Alp ist einer von 31 Produktionsstandorten, die Tina Balmer mit chüschtigen Texten und Giorgio Hösli mit ebensolchen Fotos im Bildband „Chäswandern. Auf attraktiven Wanderungen zu Käsereien in der Schweiz“ vorstellen.

Käse ist eine typisch helvetische Speise, wie Schokolade ebenfalls. Aber so wie es nicht nur Toblerone gibt, wird hierzulande auch nicht nur Emmentaler, Gruyère und Raclettekäse hergestellt. Mais non! Gerade in der Nordostschweiz, wo die meisten der in „Chäswandern“ vorgestellten Käsereien liegen, werden Köstlichkeiten aus Kuh-, Geiss- und Schafmilch kreiert. Da läuft einem nur schon beim Lesen und Anschauen das Wasser im Mund zusammen. Zum Glück für die Gehfaulen unter uns kann der oben in den Bergen und Hügeln gemachte Käse oft auch in der Stadt unten gekauft werden. So derjenige der Alpe di Mügaia im Marktladen „Berg und Tal“ im Viadukt 50 in Zürich – wenn vorrätig.

Cover Alpeggi

Gesünder und schweisstreibender ist natürlich der Kauf vor Ort. Nicht immer aber ist dies möglich. Gerade im Val Redòrta nicht. Dort wird ja noch auf zwei weiteren Alpen gekäst, auf Redòrta selber und auf Cagnòi. Bei beiden heisst es: „All’alpe non è possibile acquisitare prodotti.“ Solch wichtige Infos stehen im dicken, querformatigen Buch „Alpeggi del Ticino e del Moesano“ von Renato Bontognali mit Fotos von Ely Riva und Fabrizio Biaggi. Es dient vor allem als Nachschlagwerk über alle heute noch bestossenen 106 Käsealpen des Tessins und der beiden angrenzenden Bündner Südtäler, wobei der Hauptzugang und weitere Zugänge und Wanderwege beschrieben sind. Eine Tabelle listet auf, wem die Alp gehört, wann sie bewohnt ist, welcher Käse hergestellt wird (und wo, denn zuweilen wird die Milch auch ins Tal gebracht), ob er vor Ort zu kaufen ist. Ein Tessinbuch der etwas anderen Art, und gerade deshalb so würzig wie ein Stück Grossalp DOP.

Tina Balmer, Giorgio Hösli: Chäswandern. Auf attraktiven Wanderungen zu Käsereien in der Schweiz. AT Verlag, Aarau 2015, Fr. 49.90.

Renato Bontognali, Ely Riva e Fabrizio Biaggi: Alpeggi del Ticino e del Moesano. Salvioni Edizioni, Bellinzona 2015, Fr. 50.-

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