Im Verdrängungswettbewerb der Kletterhallen sind neue Ideen gefragt. Eine davon ist die elektronische Steuerung des Schwierigkeitsgrades an der Kunstwand. Die Halle «Griffig» in Uster hat die Nase vorn – wir haben geschnuppert.
Hier hat meine Kletterkarriere begonnen, vor über 50 Jahren. Uster sah damals noch bescheiden aus, machte noch nicht auf Grossstadt. Vom Bahnhöfli die Bahnhofstrasse hinab und dem Fabrikkanal entlang zum Zellweger, das war mein täglicher Weg. Es gab aber damals schon eine Gruppe von wilden Kletterern, denen ich mich anschliessen durfte, so genannt Extremen, und beim Zellweger lernte ich Elektronik. Und nun gibt’s die Kletterhalle, die beides verbindet: Klettern und High-Tech. Ein grauer Klotz draussen im Niemandsland zwischen Spital, Autobahn und Sportplätzen. Eine weite helle Halle, saubere Garderoben, Café, Kinderecke, schöne Routenauswahl und an diesem Mittwochnachmittag mässig belebt.
Und da gibt’s nun eben ClimbLed, eine Wand mit schwarzen Griffen, die mit roten oder grünen Leuchtdioden bestückt sind. An einem Touchscreen kann die Schwierigkeit eingestellt werden, von 5c bis 7a+, und entsprechend leuchten die erlaubten Griffe auf. Es drängt sich gerade eine Gruppe der iPhone-Generation zu den zwei Routen, die elektronisch gesteuerte Kletterwand macht den Jungs und Mädels offenbar Spass. Vielleicht ist das ja die Zukunft: eine ganze Halle so bestückt, würde bestimmt Kosten sparen, das personalintensive Um- und Neuschrauben von Routen würde wegfallen. Auch müsste man nicht mehr anstehen, bis eine Route im gewünschten Grad frei ist, denn wo immer ich anpacke, die Schwierigkeit entspricht exakt meinen individuellen Möglichkeiten und Trainingswünschen. Die Testanlage – so wird ClimbLed offenbar verstanden – ist wohl nur der der erste Schritt der Automatisierung und Digitalisierung des Kunstkletterns. Zukünftig wird selbstverständlich gespeichert, wer welche Route geschafft hat – Sensoren stellen fest, wenn ich einen unerlaubten Griff berühre. Google klettert mit.
Mit Schrittmotorantrieb können sich zukünftig die Griffe auch drehen und so den Grad feintunen. Spätere Technologien werden auch beliebige Strukturen aus einer künstlichen Wand wachsen lassen, ich stelle mir eine Art ultraschnellen 3-D-Drucker vor. Und nicht genug: Ganze Klettergebiete oder jedenfalls Vierstern-Routen lassen sich quasi per Copy-Paste 1:1 abbilden. Heute ist Galerie angesagt, morgen Schillingsflue. Der reale Fels, so ahnen wir, wird allmählich überflüssig. Per Knopfdruck, bzw. Fingertip auf den Touchscreen, ist augenblicklich alles da, wozu real eine lange Anreise und ein mühsamer Zustieg erforderlich ist. Ein Eldorado des Klettersportes also steht in Aussicht. Vielleicht gibt’s dann doch noch ein paar Ewiggestrige, die sich ins reale «Eldorado» am Grimselsee bemühen und dabei ihren ökologischen Fussabdruck strapazieren. Aber vielleicht gibt’s dannzumal dort ja auch ein Steuerpult am Fuss der Wand und eine Reihe von Leuchtdioden bis zum Gipfel.
Köstlich, Emil!
Denkbar wären auch Routen, deren erste Hälfte kostenlos ist. Auf halber Höhe steht dann ein Schlitz, und wer seine Kreditkarte einführt und den PIN tippt, darf das Premium-Angebot nutzen, sprich bis zum Top klettern. Das wäre dann eine pay wall.
Super Idee, Marco. Vielleicht können wir TRANSA dafür gewinnen. Mit Kundenkarte gibts dann auch noch Rabatt.