Ein neues Alpenbuch aus Hamburg vermittelt auf vergnügliche und überraschende Art ein tieferes Verständnis für das berühmte Gebirge. Allerdings mit ein paar Stolpersteinen.
«TRIGLAV 2864 m. Was das Matterhorn für die Alpen insgesamt darstellt, ist der Triglav für Slowenien. Als bekanntestes Wahrzeichen des östlichsten Alpenlandes befindet sich dessen höchster Berg unter anderem auf der Nationalflagge und sogar auf den slowenischen 50-Cent-Münzen. Bis zur Unabhängigkeit Sloweniens 1991 war der Triglav auch die höchste Erhebung Jugoslawiens.»
Hätten Sie gewusst, nicht wahr? Vielleicht waren Sie sogar mal bei der roten Metalltonne zuoberst auf dem Gipfel. Aber kennen Sie die andern höchsten Erhebungen der acht Alpenstaaten auch? Da sind die Schweiz (Dufourspitze) und ihre fünf Nachbarn (Mont Blanc/Monte Bianco, Zugspitze, Grossglockner und Vorder Grauspitz). Macht sechs bzw. sieben höchste Punkte. Der achte (und kleinste) Alpenstaat geht in diesem Umfeld gerne vergessen, obwohl er dort liegt, wo die Mittelmeerwellen gegen den Alpenwall klatschen: das Fürstentum Monaco! Sein höchster Punkt ist leider nicht der Mont Agel (1148 m), auf dessen Ausläufer die Hochhäuser von Monaco und Monte Carlo stehen, sondern der Chemin des Révoires, 164 Meter über der Küste. Und Monaco nimmt nur 0,001 % Prozent der alpinen Gesamtfläche ein. Auf Platz eins in diesem Ranking thront Österreich (29 %), knapp vor Italien (27 %) und deutlich vor Frankreich (21 %). Und die Schweiz? Bloss 13 %. Dafür stehen im alpinen Helvetien die meisten 4000er. Und dort ist auch am häufigsten grosse Bergliteratur entstanden, wie die entsprechende Doppelseite in „Das Alpenbuch. Zahlen, Fakten und Geschichten in über 1000 Infografiken, Karten und Illustrationen“ zeigt: Von den 12 vorgestellten Büchern zwischen der neuen Heloise (1761) und dem finsteren Tal (2010) spielen gleich sieben in der Schweiz.
284 Seiten mit hunderten Infografiken und Illustrationen, Tabellen und Karten vermitteln in diesem Alpenbuch aus dem alpenfernen Hamburg auf erfrischende Art Facts and Figures zum gesamten Alpenraum. Eben inklusive Slowenien und den beiden Kleinstaaten, die sonst in solchen Büchern oft aussen vor liegen. Behandelt wird alles, von Geografie bis zu Kulinarik, von Skijöring bis zu Mythen und Legenden, von Tieren über Naturschutz bis zu Bergsport, von Verkehrsröhren bis zu Salzbergen. Ein Buch für alle, die sich für die Berge im Allgemeinen und für die Alpen im Besonderen interessieren – ob sie nun die höchsten Kanzeln der Alpenstaaten erklettern oder lieber von der Plage du Larvotto an der Avenue Princesse Grace auf das Ende (oder den Anfang) des Alpenbogens hochblinzeln.
Wie es auf der Rückseite des A4 grossen und 1,2 kg schweren Buches heisst, entstand es in Kooperation mit den Alpenvereinen aus Deutschland, Österreich und Südtirol. Und da erstaunt es doch, dass einige Stolpersteine nicht vermieden wurden. Ein paar Beispiele:
– Bei der Angabe der Sprache, die im Alpenland Italien gesprochen wird, steht nur „Italienisch“. Da werden sich die Bewohner von Meran und Courmayeur doch etwas wundern.
– Die Cascade de Pissevache rauscht im Wallis und nicht in Frankreich.
– Der Rheinfall, der Lac de Neuchâtel und der Kanton Basel-Land (mit dem Burgermeisterli-Schnaps) liegen nicht in den Alpen.
– Die meisten Viertausender erheben sich nicht im Mont Blanc-Massiv, sondern in den Walliser Alpen.
Also mit eingeschalteter Stirnlampe von der Côte d’Azur über die Rothörner und Corni Neri bis zum Schneeberg unweit Wien (höchster Berg Niederösterreichs, östlichster und nördlichster Zweitausender der Alpen) lesend gehen.
Das Alpenbuch. Zahlen, Fakten und Geschichten in über 1000 Infografiken, Karten und Illustrationen. Herausgegeben von Lana Bragin und Stefan Spiegel. Marmota Maps, Hamburg 2020, Fr. 48.-