Das Jahrbuch des Schweizerischen Akademischen Skiclubs kurvt im Slalom durch den Ski- und Bergsport mit spannenden Beiträgen zu Geschichte und Tradition, Zukunft und Innovation, Persönlichkeiten und Werte, Clubleben und Resultate. Und das in Deutsch, Französisch und Englisch.
„Wir fanden fast zuhinterst im Kwisch-Tal einen prächtig gelegenen Standort auf einer Matte neben dem Talbach und stellten dort unser Zeltlager auf. Dieses bestand aus unseren zwei Zelten mit Schlafsäcken und einem grossen Mosettigdach als Rastplatz für Abulof und zum Schutze unserer Vorräte.
Nach einem ersten Tag gemütlichen Verweilens am Ort und kleinen Bummeln in der Umgebung begannen Casi und ich unsere Gipfelbesteigungen. Tatjana Nikitine begleitete uns nie, sondern blieb stets am Zeltplatz, kochte für uns, arbeitete in ihrem chirurgischen Lehrbuch und las Romane. Sie fühlte sich bei dieser Lebensweise sehr glücklich. Wie auch zu Hause, begannen wir zuerst mit kleineren Bergen. Wir bestiegen den Dolra-Tau und den Kwisch-Tau, beides leichte Gipfel über 3900 m und von uns benannt, weil noch namenlos und noch nicht bestiegen.“
Eine Erinnerung von Dr. med. Oskar Hug über einen Bergsommer im Kaukasus, anno 1910, zusammen mit seinem Tourengefährten Casimir de Rham, einem angehenden Ingenieur, und seiner Studienkameradin und Freundin Tatjana Nikitine aus Moskau, abgedruckt in der SAC-Zeitschrift „Die Alpen“ von 1967. Nun begegnen wir dem Trio im neuesten „Schneehasen“, dem Jahrbuch des Schweizerischen Akademischen Skiclubs SAS, zu deren Pionieren Oskar Hug (1886-1968) zählt. Das Porträt von Raoul Imseng, langjähriger Schriftleiter des „Schneehasen“, zeichnet das Leben von „Oga“ nach (so nannten ihn die Romands, weil sie „Hug“ nicht aussprechen konnen). Hug hat nicht nur im Kaukasus Spuren hinterlassen, sondern auch in den Schweizer Alpen: am Tödi (hinteres Röticouloir), am Salbitschijen (Südgrat und Südwestwand), am Chamm in den Berner Alpen (Nordwand, mit Hans Lauper), am Täschhorn (Route von der Domhütte), am Grand Muveran (Arête de Saille, mit Casimir de Rham). Hug war Mitglied des SAC, der Akademischen Alpen-Clubs Bern und Zürich, des Neuen Ski-Klubs Zürich, des Alpine Club und Alpine Ski Club, der Groupe de Haute Montagne. Ein Draufgänger durch und durch.
Oskar Hug, SAS-Gründer Hermann Gurtner, der 1910 geborene Augusto Gansser oder der ziemlich jüngere Bjørn Dæhlie: Sie alle porträtiert der 38. „Schneehase“. Wie immer besteht das Jahrbuch des SAS aus einem Slalom durch verschiedene Bereiche des Ski- und Bergsportes, aufgeteilt in Geschichte und Tradition, Zukunft und Innovation, Persönlichkeiten und Werte, Clubleben und Resultate, in den drei Sprachen deutsch, französisch und englisch. Sehr aufschlussreich (und nützlich für die Alpinchronisten) ist zum Beispiel der Artikel von Christine Kopp über das „Skifahren an Achttausendern“, spannend die Geschichte des Kandahar Ski Club sowie des ersten „Roberts of Kandahar downhill race“ am 7. Januar 1911 in Montana. Am Vortag waren zehn Rennläufer, Mitglieder von Henry Lunn’s Public Schools Alpine Sport Club, zu Fuss in die Wildstrubelhütte (2791 m) aufgestiegen. Um zehn Uhr startete man zum Rennen, wobei von der Hütte zuerst über die Weisshornlücke und den Glacier de la Plaine Morte der Rezlipass (ca. 2840 m) erreicht werden musste, bevor die eigentliche Abfahrt nach Montana (1477 m) begann. Der 19jährige Cecil Hopkinson gewann in 61 Minuten, wobei er für Abfahrtsstrecke 31 Minuten benötigte. Das Rennen gilt als „1re course de descente de l’histoire du ski alpin“, wie ein neuer Gedenkstein in Montana verkündet. Apropos Skirennen: 1908 gewann Oskar Hug an den französischen Skimeisterschaften den Sprunglauf und wurde Zweiter im Langlauf.
Der Schneehase. Jahrbuch des Schweizerischen Akademischen Skiclubs SAS, Edition 38, 2008-2011. Simowa Verlag c/o Stämpfli Verlag, Bern 2011, Fr. 79.-