Die Rückkehr des Wolfs in die alpine Kulturlandschaft polarisiert und wirft neben allen politischen, gesellschaftlichen und naturwissenschaftlichen Themen auch eine Reihe von Rechtsfragen auf. Roland Norerm klärt auf, im Alpinen Museum in Bern und in einem dicken Buch.
«Verehrte Anwesende, es freut mich sehr, dass Sie sich für die Problematik von Wolf und Weidewirtschaft im Alpenraum interessieren und heute zu unserem Anlass gekommen sind. Mein Name ist Jon Mathieu, ich darf den Anlass einleiten. Im Zentrum steht das neue Buch von Roland Norer über die rechtliche Seite dieses aktuellen Themas – Sie haben vermutlich noch keinen realen Wolf live in den Alpen gesehen oder sonst nur im Fernsehen. Mündlich und schriftlich ist der Wolf dagegen überaus präsent, heute können Sie ihn nun aus der bisher unterbelichteten Perspektive des Rechts und der Rechtswissenschaft kennenlernen. Mein geschätzter Kollege, Professor Roland Norer von der Universität Luzern, ist Experte für ländliches Recht, besonders im Alpenraum. Er ist auch ein grosser Alpinist und ein erstrangiger Kenner der Rechtslage rund um den Wolf. Jetzt hat er die Energie aufgebracht, ein zusammenfassendes Buch zu publizieren: ‹Wolfsmanagement im Alpenraum. Rechtsfragen zwischen Artenschutz und Weidehaltung› – alles was es dazu zu sagen gibt, übersichtlich dargestellt und in klarer, nüchterner Sprache beschrieben auf 400 Seiten.»
Mit diesen Worten leitet Jon Mathieu, emerierter Professor für Geschichte mit Schwerpunkt Neuzeit und Präsident des wissenschaftlichen Beirats des Institutes Kulturen der Alpen, die heutige Veranstaltung im Alpinen Museum in Bern zu einem relativ jungen Bewohner der Alpen ein, der wie kein anderer für Gesprächsstoff sorgt: der Wolf. So jung ist der Canis lupus natürlich nicht. Er jagte wohl schon zwischen Calanda und Gantrisch, als die Schweiz noch kaum von Menschen besiedelt war. Aber diese machten dem Wolf so tüchtig den Garaus, dass es ihn hierzulande nicht mehr gab. Bis er 1995 erstmals wieder helvetisches Territorium betrat. Jetzt ist er da. Und heute Abend im grossen Saal im ALPS.
Wolfsschutz und speziell Alpwirtschaft ist ein Dauerthema in Politik und Öffentlichkeit, am analogen und digitalen Stammtisch. Die damit verbundenen Rechtsfragen zwischen der am 19. September 1979 im Rathaus zu Bern beschlossenen Berner Konvention, der EU-Habitatrichtlinie sowie nationalem Recht beschäftigen mittlerweile Verwaltungen und Gerichte. Mehr denn je sind juristische Antworten gefragt. Roland Norer kennt sie. Am Schluss seines wissenschaftliche, mit 1813 Fussnoten versehenen Buches legt er anstelle einer Zusammenfassung ein paar eigene Betrachtungen und Gedanken vor. Da fällt insbesondere der Abschnitt zum Wolf als Karrierist auf, dem es gelang, in rund drei Wolfsleben die rechtliche Szene in Europa auf allen Ebenen aufzumischen – von Brüssel über Strassburg bis nach Bern und Uetendorf: „Eine beeindruckende rechtliche Performance, die nie einer anderen Tierart in auch nur annäherndem Ausmass und vergleichbarer Intensität vergönnt sein wird. Der Wolf ist zum juristischen Superstar aufgesteigen, der es in der Hand hat, alle drei Staatsgewalten, eine Vielzahl von Verbänden und die Öffentlichkeit auf Trab zu halten.“ Arrrooooooo….
Wolf und Weidewirtschaft − wie weiter? Eine Veranstaltung im ALPS, dem Alpinen Museum der Schweiz in Bern, am Mittwoch, 22. Mai 2024. Apéro ab 17.30 Uhr, Vortrag und Diskussion ab 18.30: Einleitung durch Prof. em. Dr. Jon Mathieu, Präsident Wissenschaftlicher Beirat Institut Kulturen der Alpen; Wolfsmanagement: Einblicke und Buchvorstellung durch Prof. Dr. Roland Norer, Universität Luzern.
Weitere Veranstaltungen: 12. Juni 2024, 19 Uhr, Zeughaus Uri, Lehnplatz 22, 6460 Altdorf. www.unilu.ch/fakultaeten/rf/professuren/norer-roland/news/wolfsmanagement-und-weidewirtschaft-eine-alpenreise-8435/
Roland Norer: Wolfsmanagement im Alpenraum. Rechtsfragen zwischen Artenschutz und Weidehaltung. Verlag Österreich, Wien 2024. Veröffentlichung in der Schweiz: Dike Verlag, 8006 Zürich, www.dike.ch. Fr. 96.-