Die Natur findet draussen statt

Ein bisschen wandern, ein wenig degustieren, ein Nickerchen in der Blumenwiese: He, es ist Sommer und schön, so ein Ferientag! © Annette Frommherz

Jedes Mal, wenn ich durch Rothenthurm fahre, denke ich zurück an die sogenannte Rothenthurm-Initiative, die mit bissigem Kampf einen Waffenplatz zu verhindern mochte. Dabei ging es den Landwirten wohl in erster Linie um die drohende Enteignung ihres Landes als um den Waffenplatz an sich. Aber wie auch immer: Das war zu jener Zeit, in der ich meine Stimme noch nicht ins Volk werfen konnte, und in der mich andere Dinge sowieso mehr beschäftigten. Und politisieren will ich hier nicht. Das überlasse ich jenen, die meinen, dies besser zu können.

Heute soll der beste Sommertag in dieser Woche sein. Und der gehört mir. Ich fahre durch das Muotatal, und die Enge lässt mich die Schultern einziehen. Wetterschmöcker lassen sich keine blicken. Sie werden wohl geschmöckt haben, dass der Nebel heute etwas länger hängen bleibt und bürsten sich im Schärmen ihre weissen Bärte.

Meine Wanderung starte ich in Eigeliswald. Nach endlosen Kurven die Pragelpassstrasse hinauf bin ich froh, endlich die Wanderpfade entlang zu ziehen. Fichten und die mit Karren durchsetzten Böden verwandeln die Natur um mich in einen Märchenlandschaft. In der Ferne ruft der Kuckuck. Weiss der Kuckuck, was der ruft. Als ich zurückrufe, verstummt er.

Auf der Alp Ober Roggenloch genehmige ich mir einen Kaffee. Den vierten Sommer chäset der Suter Beat auf dieser Alp. Käser ist er zwar schon seit dreissig Jahren, aber nach einer Ewigkeit in der industriellen Produktion hat er dieser den Rücken gekehrt. Hier gehöre er hin, sagt er. Sein Urgrossvater, erzählt er mir, kaufte das Anwesen anfangs des 20. Jahrhunderts; später bewirtschaftete es sein Grossvater. Nun ist der Nachfahre zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. Ich darf dem Käser über die Schultern schauen. In seinem Chäschessi bringt er die hundertachtzig Liter Milch sorgfältig in Bewegung. Herzhaft kräftig schmeckt der Wetterfrosch-Alpkäse, den ich degustieren darf. Hölloch-Chäsli gibt es auch. Nomen est omen. Auch im hintersten Tal macht die innovative Marketing-Idee keinen Halt. Aber eigentlich bin ich ja zum wandern in diese Gegend gekommen.

Auf einen Berg zu steigen und diesen als Orientierungshilfe meist in Sichtweite zu haben, ist einfacher als eine Rundwanderung, wo jede Abzweigung einen falschen Entscheid bringen könnte. Wären all die Männer hier, die mir seit dem letzten Blog einen Gipfelkuss versprochen haben, könnte mir die Truppe den Weg weisen. So aber muss ich mich auf die Karte verlassen und auf den Kompass, den mein Liebster mir mitgegeben hat. Er kennt mich. Mein Orientierungssinn ist – gelinde gesagt – nicht besonders ausgeprägt.
Prompt verfehle ich den Weg und nutze mit dem abgekürzten Pfad die Zeitersparnis für ein Nickerchen zwischen Sumpfdotterblume (die ich viel lieber Bachbumbele nenne) und Hahnenfuss und träume, ich hätte vergessen, was Alltag bedeutet.

www.ober-roggenloch.ch

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