Drei Falkeneier. Eine Ostergeschichte.

Es war nicht der Osterhase, der die drei Eier in der Höhle hoch in der Kletterwand versteckte. Oggi in stereo, eine Fortsetzungsgeschichte. (Tier- und Vogelschützer bitte nicht weiterlesen!)

WP_20160318_15_23_37_Pro

Blicke ich aus dem Fenster beim Schreiben, so sehe ich den Hochkamin der Kehrichtverbrennungsanlage im Hagenholz, Zürich Nord. Im März vor zwei Jahren lag dort ein Wanderfalke tot auf dem Dach beim Hochkamin, vergiftet. Wahrscheinlich von Brieftaubenhaltern, deren wertvollen Schützlingen der Raubvogel an die Kehle ging. Wozu sich aufregen? Tierliebe ist halt relativ.

«Tiere fressen Tiere», sagte letzthin auch unsere Bundesrätin Doris vor laufender Kamera und ihre Kugelaugen blitzten gerade genau so wie jene des Wanderfalken, dem ich vor einen Jahr ins gefiederte Antlitz starrte. Oggi in stereo, man erinnert sich vielleicht. (Doris meinte natürlich nicht Falken und Tauben, sondern Wölfe und Schafe, einerlei.)

Nun, diesen Frühling fehlte der Hinweis «birds eggs! uova di rapace!» am Einstieg, die schöne «Oggi in stereo» endlich wieder frei. Dachte ich.

«Da ist ein Vogel davon geflogen», ruft mir meine Partnerin herauf, aber ich habe jetzt andere Probleme. Die Wand ist steil, doch es geht, es geht. Klimmzug in die Höhle hoch oben. Keine Spur von Nest. Doch als ich mich ein bisschen erholt habe, fällt mein Blick auf drei Eier. Weiss und kugelrund (fast wie die Kugelaugen von Doris). In ordentlichem Dreieck hingelegt auf harten Felsgrund. Ab die Post, denke ich, weiterklettern bevor mich der Krummschnabel mit einer Taube verwechselt und in den Nacken hackt. Inzwischen trage ich Helm beim Klettern, man kann ja nie wissen.

Zwei Wochen später nochmals vor Ort. Inzwischen sind wir schon fast Freunde geworden mit dem geschützten König der Lüfte. Sein Nest kann man auch umklettern, stellen die Cracks des Teams fest, werfen dann doch einen schnellen Blick zu den Eiern, die der sorgende Vater- oder Muttervogel zwischendurch sorgfältig umbettet, so dass sie immer schön an der Sonne liegen, später dann, als es kühler wird, weiter hinten im warmen Grund. Auch Räuber können liebevoll sorgende Eltern sein. Hartnäckig ist er oder sie, scheint sich an die plumpen Kraxler gewöhnt zu haben, die sich da gelegentlich am Nest vorbeiquälen. Auch die Krähen und Elstern vor meinem Fenster fühlen sich im städtischen Getriebe offensichtlich wohl. Ein Wanderfalkenpaar nistete vor wenigen Jahren an einem Hochkamin im Zürcher Industriequartier, online beobachtet durch eine Webcam. Die laut Wikipedia «am weitesten verbreitete Vogelart der Welt» findet sich inzwischen an Hochhäusern und in Industrieanlagen, lässt sich offenbar von Menschen nicht mehr so leicht schrecken. Ein Klettergarten ist demgegenüber geradezu eine Idylle. Menschen fressen zwar auch Tiere, aber Raubvögel und ihre Eier doch eher nicht.

Was geschieht, wenn die Brut unseres Freundes, vielleicht ist es ja auch unsere Freundin, mal schlüpft, würde mich schon interessieren. Möglicherweise klebt vorher doch noch ein vogelschützender Kletterer einen Zettel unten an den Einstieg. Nächsten Frühling werden wir sehen, ob er wiederkommt, der gefiederte Räuber. Falls ihn nicht ein Taubenfreund inzwischen vergiftet hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert