Alpine Geschichte und Literatur ist im Weltlexikon Wikipedia noch schwach vertreten, vor allem was die Schweiz betrifft. Das soll sich nun aber ändern.
Im Jahr der Freiwilligenarbeit hat sich der Rentner aufgemacht, sein Wissen über die Berge, ihre Besteiger/-innen und Beschreiber/-innen ins Wissen der Welt zu übersetzen, das da heisst: Wikipedia! Nicht damit so ein Gutten-Berg das in eine falsche Doktorarbeit kopieren kann, sondern damit die alpinen Pioniere und Autorinnen nicht vergessen werden und ihre Leistungen nicht verblassen. Denn Bergsteigen droht allmählich zu einer geschichtslosen Disziplin zu werden: Speedrekorde und extreme Höchstleistungen auf allen Kanälen, alles andere Schnee von Gestern. Man muss nur mal durch alte Kletterführer blättern und sie mit neuen vergleichen. Einst waren es literarisch-kulturelle Werke mit Informationen zu Geschichte, Geografie, Geologie, Pflanzen und Tieren eines Gebiets, dazu mit ausführlichen Informationen über Erstbegeher und Erstbegehungen von detailliert beschriebenen Routen mit kunstvoll gestalteten Zeichnungen. Heute muss man froh sein, wenn neben mehr oder weniger sorgfältig ausgearbeiteten Topos die Namen der einstigen Erschliesser noch aufgeführt sind, der Vorname nur als Buchstabe, vom Datum höchstens die Jahreszahl. In der nächsten Ausgabe fehlt dann auch das.
Wer kennt noch einen Alfred Amstad oder Seth Abderhalden? Wikipedia? Fehlanzeige – bis vor kurzem. Denn inzwischen hat der Wikipedia-besessene Rentner zugeschlagen, oder genauer, das Fehlende nachgetragen. Gut dreissig Beiträge bisher – und die Liste ist noch lang. Viel Arbeit, gratis, denn Lohnschreiberei ist gegen die Wikipedia-Ethik. Und schliesslich, wie gesagt, ist Jahr der Freiwilligenarbeit. Für Rentner sozusagen Pflicht.
Die Expedition ins Datengebirge ist ein harter Lernprozess, wie jede Expedition. Das Gebirge ist ziemlich zerklüftet, die Routenbeschreibungen detailliert, aber oft wenig hilfreich. Auf Schritt und Tritt begegnet man unbekannten Heinzelmännchen, die einen Eintrag sofort begutachten, verbessern, verschlimmbessern und im schlimmsten Fall gar zur Löschung empfehlen. Wer König ist in diesem Schattenreich, ist schwer auszumachen. Es gibt so genannte «Administratoren», die offenbar irgendwie gewählt werden, doch irgendwie funktioniert die Wikipedia-Demokratie wie der demokratischen Zentralismus der Kommunistischen Partei unter Stalin.
Nun gut, der Rentner hat Glück. Die meisten seiner Einträge sind vom unbekannten Zentralkomitee oder Schattenkabinett gnädigst für Wikipedia-würdig befunden und stehen gelassen worden. Diskussionen gab es um «Goldende Zeitalter des Alpinismus», ein offenbar nicht so scharf definierter Begriff. Schwierig war auch der Berner Alpinist, Buchautor und Fotograf Willy Uttendoppler zu halten – da kam unerwarteter Support von Unbekannt. Gescheitert der Eintrag über den renommierten und hochinteressanten «Kletterclub Üetliberg». Um den legendären KCÜ tobte ein eigentlicher Cyberwar ob «relevant» oder «nicht relevant». Ganz bösartig schoss ein Gartenzwerg aus der Schweiz, der sich als Experte für Eisenbahnen outete. Also sicher kompetent für Fragen des Üetlibergs, da führt ja eine Bahn hoch. Ein hilfreicher Geist, vermutlich ein Sachse, fand dann eine salomonische Lösung. Wer sie erfahren will, der google!
Bild: Nicht «Wikipedia-relevant»: Mitglied des KCÜ beim Training.
Da findet sich hoffentlich irgendwann auch noch ein weiterer gewandter Rentner (oder aber ein Anchorman) aus dem Bärnbiet, fehlen doch auch zu Berner Alpingrössen wie Erich Friedli, Willy Richardet oder Paul Montandon Einträge auf Wikipedia!
Das hoffe ich allerings auch. Immerhin habe ich schon mal die Berne Willy Uttendoppler und Daniel Anker Wikipedia-verewigt.
Hoi Zaza. In der Bietschhorn-Monographie wäre zu diesen drei Herren schon mal etwas vorhanden. Ein Fall für ein beidseits der Alpen verregnetes Wochenende?
Ciao Marco,
beidseits der Alpen verregnet, gibt’s sowas noch? Dieses Jahr bisher nicht, glaube ich…vielleicht sieht man sich demnächst an der Vinschgauer Tafel, mjam!
LG, zaza