Falesie di Gudo

Ein neues Klettergebiet im Tessin besucht. Ein Idyll zum Verweilen, zum Klettern eher gewöhnungsbdürftig.

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«Benvenuti al Canyon». So freundlich sind wir noch nie in einem Kettergebiet begrüsst worden. Canyon ist ein Sektor der Falesie di Gudo. Die Felsen hoch über der Magadinoebene sind vom Tal aus kaum sichtbar und erst vor wenigen Jahren von Tessiner Kletterern erschlossen worden. Aber nicht geheim gehalten, wie das in der Gegend einst üblich war. Im Gegenteil. Die Topos zum Herunterladen auf dem Internet beschreiben Anfahrt und Zugang im Detail, der Weg durch den Kastanienwald ist sorgfältig angelegt, alle paar Meter weisen kleine rotweisse Pfeile die Richtung – auch in Gegenrichtung!, man muss ja das Auto wieder finden – und dann das Täfelchen an einem Baum zur Begrüssung.
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Unter den bizarren Felsformationen des «Canyon» ist ein Rastplatz eingerichtet, mit Tisch und Bänken und selbst der Aschenbecher aus Granit fehlt nicht. Die Routen sind weithin sichtbar in gelber Farbe und grossen Buchstaben an die Einstiege geschrieben, mit Schwierigkeitsgrad. Haken, Umlenkungen – hier stimmt alles und auch das Ambiente. An den Birken und Kastanien spriesst das erste Grün, lässt den Blick noch frei über die Ebene und zum Ceneri, hoch am Himmel kreist ein Adler, am Fuss der Wand windet sich eine junge Ringelnatter. Idyll! Idyll! Hier hat jemand mit Hingabe und Sorgfalt einen kleinen Kletter-Freizeitpark eingerichtet und für die Klettergemeinde zur Verfügung gestellt.
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In dieses Paradies fällt nur winziger Wermutstropfen: Die Kletterei. «La roccia, sebbene non sia fra le migliori de Cantone, offre vie molto variate e mai banali», hat schon das Topo die Erwartungen etwas gedämpft. Vielleicht haben wir auch nicht gerade unsere Sternstunde getroffen, finden wir doch die Routen, die wir kletterten, na ja, nicht eben hinreissend, mal horrible Einzelstellen, mal ein Band, auf das man nicht fallen möchte, mal glatte Auflegergriffe, die Bewertungen ziemlich hart. Den Fels kann man halt nicht ändern und Klettern ist eine subjektive Angelegenheit. Der eine bricht sich die Finger, der andere leckt sie vor lauter Genuss. Das Gebiet ist sicher gewöhnungsbedürftig. Uns Verwöhnten fehlt wohl etwas die Geduld.

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