Frühlingsschnee

Nie ist Schnee erfrischender und überraschender als dann, wenn die Schneeglöckchen ausgeläutet haben.

Schneefest
Schneefracht
schneegedämpft
schneegetönt
Schneegewirbel
Schneegier
Schneehaupt
Schneehelle
schneeher

Neun Schneewörter, die der Berner Schriftsteller und Pfarrer Kurt Marti (1921–2017) auf ein weisses Blatt getippt hat, inklusive Quelle; Schneegewirbel und Schneehaupt zum Beispiel stammen vom deutschen Lyriker und Hörspielautor Günther Eich. Während Jahrzehnten hat Marti rund 5000 Wörter gesammelt und in thematischen Rubriken angeordnet. 2021 ist die Sammlung unter dem Titel „Wortwarenladen“ als Buch herausgekommen. Martis Schneewörter-Seite hängt in der Ausstellung „Schnee. Das weisse Wunder“ in der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern. Die Ausstellung zeichnet die Geschichte des Schnees nach, von den ersten bis zu den immer mehr fehlenden Flocken. Immerhin ist in den nächsten Tagen Schneefall bis in die Niederungen angesagt; die Skitourenleute freuts, die Frühlingsblumenfreunde weniger. SchneeleserInnen stapfen ihrerseits am Dienstag, 5. April, ins Alpine Museum in Bern: Unter dem Titel „Das grosse Schmelzen“ findet ein Leseabend statt, so mit Ausschnitten aus dem erotisch angehauchten, in Adelboden angesiedelten Werk „Frühling im Schnee. Ein Roman von jungem Skivolk“ (Verlag A. Francke AG, Bern 1934) der Bernerin Susy Maync – und mit Glühwein. Nicht verpassen!

Wenn wir schon am Lesen von skiliterarischen Büchern sind: Da passt der in den französischen Alpen spielende Thriller „Das Chalet. Mit dem Schnee kommt der Tod“ von Ruth Ware bestens dazu. Mitarbeiter eines Social-Media-Unternehmens haben sich für eine Auszeit in einem Luxus-Chalet eingemietet, aber schon bald beginnt das Unheil, mit anhaltendem Schneefall und mit dem Verschwinden bzw. Todesfall von Mitgliedern der Gruppe. Die Situation kennt man aus andern Kriminalromanen. Das Besondere an diesem Krimi ist aber, dass er von zwei Frauen erzählt wird, einer Mitarbeiterin der Chaletvermietung und einer ehemaligen Angestellten des Unternehmens. Dass sich ihre Spuren am Schluss kreuzen, ist unvermeidlich. Seite 366: „Ich muss sie einholen. Unbedingt. Dann, nur hundert Meter weiter, höre ich es – das Zischen von Skiern auf Schnee. Jemand fährt vor mir eine enge Kurve, wirbelt dabei mit den Hinterenden der Skier den Schnee auf.“ Verdammt spannend!

Schnee als tödliche Gefahr, als touristische Attraktion, als verräterische Fluchtunterlage. Dem positiven Schnee ist das kleine Buch „La neige à l’affiche en Suisse“ gewidmet. Jean-Charles Giroud stellt in Zusammenarbeit mit Robert Bolognesi Schweizer Plakate vor, auf denen die weisse Materie ganz unterschiedlich abgebildet ist: Von Skifahrern, die Spuren hinterlassen (auch im Frühling, ja gar im Sommer), über die Appenzeller Käser, die auf einer Bank im Schnee hocken, bis zum Kellner, der auf einem Tablett ein ganz berühmtes Süssgetränk skifahrend balanciert. Eine überraschende und klug kommentierte Auswahl. Erfrischend wie Neuschnee!

Kurt Marti: Wortwarenladen. Engeler Verlag, Schupfart 2021, Fr. 18.-
Ruth Ware: Das Chalet. Mit dem Schnee kommt der Tod. dtv, München 2021, € 18,00.
Jean-Charles Giroud, Robert Bolognesi: La neige à l’affiche en Suisse. Edition le vent des cimes, Sion 2021, Fr. 25.- www.leventdescimes.ch/publications

Schnee, La Neige, Neve, Naiv. Der weisse Wunder, Le miracle blanc, Il miracolo bianco, La miracla alva. Ausstellung in der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern, bis am 1. Juli 2022. www.nb.admin.ch/snl/de/home/ausstellungen-va/ausstellungen-past/schnee.html

Das grosse Schmelzen. Ein Leseabend der NB und des Alpinen Museums der Schweiz anlässlich der Ausstellungen «Schnee» und «Das Skivirus». 5. April 2022, 18.00 – 19.30 Uhr im Alpinen Museum. Fr 15.- (inkl. Ausstellungseintritt und Glühwein). Anmeldung: 031 350 04 42 oder booking@alpinesmuseum.ch

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