Schnee und Sonnen locken trotz Corona. Nein: erst recht! Vier neue Führer halten Ziele und Träume bereit.
«Nach der ersten, vorsichtigen Abfahrt brennen die Oberschenkel. Trotz gerade mal 200 Meter Länge. Wer hier Bögen fährt, hat eben verloren. Bleibt man hingegen mit etwas Rücklage in der Falllinie, wird die Sache schon viel leichter. Bloß kostet Fahren in direkter Linie bei 75 Prozent Gefälle selbst Könner etwas Überwindung. Dass dabei wegen der ganz besonderen Beschaffenheit der Piste nicht zu viel Geschwindigkeit droht, hat man eben erst nach zwei, drei Abfahrten raus. Dann macht Skifahren auf Deutschlands außergewöhnlichstem Skiberg richtig Spaß.»
Wenn das denn überhaupt möglich ist wegen Corona. Und wenn die Skisaison am Monte Kaolino nicht schon vorbei ist. Vorbei, Ende November? Ja, liebe Schneesport-Bärgfründe, die Skisaison an diesem 120 Meter hoher Hügel aus 33 Millionen Tonnen feinstem Quarzsand bei Hirschau in der Oberpfalz findet im Sommer statt. So steht es jedenfalls im winterfrischen Buch „111 Skipisten, die man gefahren sein muss“. Die Piste am Sandberg hat die Nummer 93. Die drei Autoren stellen eben nicht nur Pisten in den Alpen vor, sondern auch im Schwarzwald, Sauerland oder Erzgebirge; dort gibt es gar eine sächsische Streif. Die Originalstreif wurde übrigens nicht aufgenommen, das Lauberhorn aber schon. Und noch 33 andere Abfahrten in der Schweiz, darunter auch die Lötschenlücke, „die Schweizer Nationalskitour“. Die längste Skiroute in diesem Buch, jedoch nicht die längste Piste. Und genau darüber streiten die Experten. Werden Skiwege mitgezählt oder nicht? Ist die Abfahrt vom Klein Matterhorn nach Zermatt die längste der Alpen oder nur der Schweiz? Eine gute Übersicht findet Ihr hier: www.snowtrex.de/magazin/top-10/die-laengsten-talabfahrten/
Allerdings: Wann beginnt die Wintersaison mit geöffneten Bahn und Liften und mit gewalzten Pisten und gespurten Loipen? In diesem Jahr noch oder erst im nächsten? In allen Alpenländern oder nur in der Schweiz? Wer auf Skitour geht, muss sich um solche Fragen weniger kümmern; Übernachtungen können allerdings problematisch werden, wenn die Hotels und Hütten geschlossen sind, oder wenn immer offene Hütten überfüllt sind. Eine Idee, was möglich wäre mit den Tourenski, gibt Philippe Ertlen im Führer „Ski de randonnée: Grande traversée des Alpes“. Auf elf mehrtägigen Touren geht es vom Mittelmeer bis nach Heiligenblut hinter dem Grossglockner. Dort sind die Alpen freilich noch lange nicht zu Ende, da fehlt noch ein gehöriges Stück bis zum Schneeberg fast bei Wien. Nun, es gibt auch so genug zu tun. Die allererste Etappe könnt Ihr auch im Sommer machen, denn Schnee hat es dort ohnehin kaum je: Sie führt von Menton (0 m) über den Col du Razet (1080 m) nach Sospel (348 m). Bonnes balades!
Das erlebt Ihr hoffentlich auch mit „Die 101 schönsten Winterwanderungen der Schweiz“. Das Redaktionsteam der Zeitschrift «Wandermagazin SCHWEIZ» stellt in diesem handlichen Führer Winter- und Schneeschuhwanderungen aus der halben Schweiz vor – mit Schwerpunkt Graubünden, Obwalden, Oberwallis, Berner Oberland und Jura BE/SO. Vom einfachen Spaziergang in Stadtnähe (wie der Gurten) bis zur schweisstreibenden Gipfeltour (wie der Chasseral oder der Chli Aubrig) reicht die Auswahl, und die Aussicht erstreckt sich vom Teller der Bergbeizen bis zu den höchsten Alpengipfeln. Die (wander)touristischen Infos (inkl. Kärtchen und Höhenprofile) werden sauber aufgelistet, auch diejenigen, wie familientauglich und schlittelbar die Touren sind. Leider können nicht ganz alle Start- und Zielpunkte mit öV erreicht werden. Jetzt fehlen eigentlich nur noch der blaue Himmel und der weisse Untergrund, wie auf fast allen 111 Farbfotos.
Apropos Jura: Gestern genoss ich wandernd die Sonne auf der Montagne de Moutier. Im Bahnhofskiosk fand ich einen Führer, der gerade im nächsten Winter, wenn nicht überall und nicht alle Wintersportarten möglich sein sollten, Tagestouren an frischer Luft bereit hält: „Escapades hivernales. 70 itinéraires en raquettes ou à ski sur les crêtes de l’Arc jurassien franco-suisse“. Vom Tour de Moron und der Hasenmatt bei Moutier bis hinunter zum Grand Colombier gibt es zahlreiche lohnende und unbekannte Gipfel- und Aussichtsziele zu entdecken. Wie beispielsweise den Meix Musy (1288 m), einen der wenig markanten Gipfel, die das rund 20 Kilometer lange Vallée de la Brévine einrahmen. Ein M-Grenzberg wie Mont Mort, Monte Moro, Mazorakopf und Mittlerspitz. Aber wer kennt ihn hierzulande, Le Meix Musy? Skifans in Paris schon eher: Auf seiner Nordseite gegen den Doubs hinunter laufen drei Skilifte. Die Domaine skiable Meix-Musy – Pierre à Feu gilt als eines von der französischen Hauptstadt aus nächstgelegenen Skigebiete. Bonnes descentes!
Christoph Schrahe, Thomas Biersack, Stefan Herbke: 111 Skipisten, die man gefahren sein muss. Deutschland, Schweiz, Österreich, Südtirol. Emons Verlag, Köln 2020, € 17.-
Philippe Ertlen: Ski de randonnée: Grande traversée des Alpes. Editions Olizane, Genève 2020, Fr. 39.-
Jochen Ihle, Toni Kaiser: Die 101 schönsten Winterwanderungen der Schweiz. Mit Schneeschuhtouren. Rothus Verlag, Solothurn 2020. Fr. 25.-
Jean-Luc Girod: Escapades hivernales. 70 itinéraires en raquettes ou à ski sur les crêtes de l’Arc jurassien franco-suisse. Rossolis, Bussigny 2020, Fr. 25.-