Gemalte Berge eröffnen neue Perspektiven – zu erleben mit Gabriel Loppé im Forte di Bard in der Valle d’Aosta und mit dem aktuellen Katalog „Peaks & Glaciers“.
«Mein lieber Loppé, es ist nun einundzwanzig Jahre her, daß wir zusammen den Sonnenuntergang vom Gipfel des Montblancs genossen. Vor nicht ganz einem Jahr erlebten wir dieses Schauspiel am Fuße des Berges. (…) Ihnen widme ich die Neuausgabe meines alten Buches, das die Freuden des Alpenwanderns schildert. (…) Immer ihr Leslie Stephen» Der Titel dieses alten Buches war sozusagen Programm für das goldene Zeitalter des Alpinismus im 19. Jahrhundert, ja ist es überhaupt für den Bergsport in den Alpen und anderswo: „The Playground of Europe“. Die Originalausgabe erschien 1871, die zweite, leicht veränderte und mit der Widmung an Gabriel Loppé versehene Ausgabe 1894. Sie ist auch in der ersten deutschen Ausgabe „Der Tummelplatz Europas“ von 1936 zu finden. Am 4. September 1871 standen der Franzose Loppé und der Engländer Stephen als erste auf dem Mont Mallet (3989 m), einem etwas übersehehen Gipfel zwischen der Dent Géant und den Grandes Jorasses. Mit dabei bei der Erstbesteigung waren Stephens Landsmann Frederick Anthony Wallroth sowie die Führer Melchior Anderegg aus Meiringen, François Cachat und Alexandre Tournier aus Chamonix. Ein erster Versuch hatte am 2. September stattgefunden. Zwei Tage später fand Anderegg die richtige Route, nach der Erkundigung kam er zurück mit dieser Ankündigung: „lt will be very difficult, but go we must“. So Stephen im Artikel „Round Mont Blanc“ im „Alpine Journal“ vom Februar 1872. Gehen müssen wir bis Mitte Januar 2024 ins Forte di Bard, in dieses grossmächtige Festungswerk im unteren Aostatal, das zu einem verwinkelten Museum zu verschiedenen Themen umgebaut wurde. Feste Hauptausstellung ist das alpine Museum, das alleine einen Besuch lohnt, neben der ganzen Festung. Nun aber hat im Forte di Bard der Galerist und Alpinist William Mitchell zusammen mit seiner Kollegin Anne Friang von den Amis de Gabriel Loppé die bisher grösste Ausstellung über das Leben und das Werk von Loppé unter dem Titel „artista, alpinista und viaggiatore“ zusammengestellt. Gezeigt werden über 100 Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und zum ersten Mal Loppés Kletterausrüstung. Zur Ausstellung ist ein 210-seitiger, vollständig illustrierter Ausstellungskatalog auf Italienisch, Französisch und Englisch erschienen. Mehr zu Loppé als Künstler, Bergsteiger und Fotograf hier: https://bergliteratur.ch/gabriel-loppe-peintre-alpiniste/. Sofort anschauen müssen wir zudem den aktuellen Katalog „Peak & Glaciers 2023“ von William Mitchell. Erstens erzählt er darin von seinen Touren und von der Loppé-Ausstellung. Zweitens werden darin zahlreiche hochkarätige Berggemälde vorgestellt und zum Kauf angeboten, darunter auch eines von Loppé. Wer noch kein Matterhorn-Gemälde aufgehängt hat, hat die Qual der Wahl zwischen Ansichten von Zermatt bzw. von Breuil. Das Wetterhorn ist dreimal abgebildet, am besten gefällt mir „The Wetterhorn in winter“ von Charles-Henri Contencin, mit einer Skispur im Vordergrund. Das Matterhorn ist neben dem Mont Blanc der Star der Ausstellung im Forte di Bard. Grossartig das Winterbild, das Loppé 1887 von unterhalb Zermatt gemalt hat, mit dem ersten Anblick des Horu, wenn man sich dem Dorf nähert. Eiskalter Vordergrund mit der Vispa, sonnenbestrahlte Schneehänge hinten. Grad umgekehrt die Aufteilung von Sonne und Schatten im Gemälde vom 13. Februar 1889 mit dem falschen Titel „La cimetière d’Engelberg, en hiver, Oberland Bernois“. Es zeigt verschneite Grabkreuze im Vordergrund, im Hintergrund den Unteren Grindelwaldgletscher und die Abstürze des Eigerhörnlis. Anne Friang, William Mitchell: Gabriel Loppé – artista, alpinista e viaggiatore. Forte di Bard editore, Bard Aosta 2022, € 29,00. Gabriel Loppé – artista, alpinista e viaggiatore. Ausstellung im Museo delle Alpi des Forte de Bard im Valle d’Aosta, bis am 14. Januar 2024. www.fortedibard.it/mostre/gabriel-loppe-artista-alpinista-e-viaggiatore Bis am 10. April 2023 ist im Forte di Bard noch folgende, ebenfalls sehr empfehlenswerte Ausstellung zu sehen: Il déco in Italia. L’eleganza della modernità. Peaks & Glaciers 2023. 22nd February – 31st March 2023. John Mitchell Fine Paintings, 17 Avery Row, Brook Street, London. Monday – Friday 10.00-17.00. Der Weg zum Katalog: https://mcusercontent.com/5bbd4a870af518e7b20caea38/files/0452b5ac-2d5e-60a0-10bb-042f961265d1/Peaks_Glaciers_2023_catalogue.pdf