Zwei neue Gipfelbücher bekannter Autoren. Eines kann man sehr gut aufschlagen.
«Hundertundeine Geschichte über die berühmtesten Gipfel der Alpen: die Höchsten, die Schönsten, die Schwersten, die Schicksalsberge, die Sagenhaften, die Unscheinbaren…»
Steht auf der Rückseite des Buches „101 Gipfel der Alpen – und was Sie über diese schon immer wissen wollten“. Vom Stuhleck (1782 m), dem ersten Skiberg Österreichs, bis zum Mont Aiguille (2087 m), der 1492 erobert wurde, als Kolumbus nach Amerika segelte, hat Uli Auffermann besondere Gipfel mit interessanten Geschichten ausgewählt. Klar: Wenn ein schweizerischer, französischer, italienischer oder slowenischer Verleger ein solches Buch auf den Markt brächte, hätten der Gaisberg (1287 m) oder das Dürrnbachhorn (1776 m) kaum Aufnahme gefunden, der Hahnenkamm (1712 m) mit der Streif-Abfahrt vielleicht schon, obwohl auch das Lauberhorn (2472 m) einen Podestplatz verdient hätte. 22 der 101 vorgestellten Gipfel stehen (wenigstens halbwegs) in der Schweiz, wobei es in Wirklichkeit mehr sind, denn die Nr. 75 mit den Churfirsten weist sieben Gipfel auf, die Nr. 81 mit dem Mont Rosa deren sechs (insgesamt sogar neun, wovon drei ganz in Italien). Und, ein schöner Zufall: Bei 22 Nummern konnte ich ein Gutzeichen dahinter setzen; allerdings stand ich nicht auf allen Firsten zwischen Walensee und Toggenburg, am Monte Rosa fehlen mir einige Spitzen, an der Drusenfluh mindestens zwei Türme. Wie vor drei Wochen geschrieben, verpasste ich die Pointe Walker der Grandes Jorasses (Nr. 95) um 350 Höhenmeter. Die Nr. 88, die Rocciamelone (3538 m) im Piemont, die möchte ich einmal besteigen: „Man braucht kein Sünder zu sein, um sich den höchsten Wallfahrtsort der Alpen einmal anzusehen“, heisst es in diesem handlichen und empfehlenswerten Gipfelbuch.
„Bunter, facettenreicher und kurzweiliger ist die Alpingeschichte nie erzählt worden.“ Steht auf der Rückseite des Buches „Das ist doch der Gipfel. Geschichten von den Bergen der Welt“. In fünfzehn Kapiteln beleuchtet Andreas Lesti Persönlichkeiten aus der Geschichte des Alpinismus und des alpinen Tourismus, von Belsazar Hacquet und Johann Wolfgang Goethe über Jemima Morell, Meta Brevoort und Aleister Crowley bis zur Familie Barmasse und zu David Lama. Als ich das handliche Gipfelbuch erstmals aufschlug, geriet ich zufällig auf die Seite 45 mit „Die letzten sieben unbestiegenen Alpengipfel“. Höchst interessant, fand ich. In der Einleitung zur Aufzählung steht, dass das goldene Zeitalter des Alpinismus 1854 begann, „als gerade mal 39 Alpengipfel übrig geblieben waren, und endete im Sommer 1865, da waren es noch sieben Viertausender.“ Als siebtletzter Gipfel wird das Matterhorn aufgeführt, obwohl der sechstletzte (Aiguille Verte) und der fünftletzte (Obergabelhorn) früher erstmals bestiegen wurden; als letzter die Pointe Walker, deren erste Besteigung allerdings erst 1868 erfolgte. Soweit schon leicht falsch. Aber: 12 der 48 Viertausender der Schweiz wurden erst nach 1865 erstmals bestiegen, die schwierigsten des Montblanc-Massivs, die fünf Aiguilles du Diable, gar erst zwischen 1923 und 1928. Soweit ganz falsch. Dass es 1854 noch 39 unbestiegene Alpengipfel gegeben haben soll, widerlegt schon allein die alpingeschichtliche Tatsache, dass 58 Alpingipfel im Jahre 1865 erstmals bestiegen wurden. Nach dem Lesen der Seite 45 klappte ich dieses Gipfelbuch wieder zu.
Uli Auffermann: 101 Gipfel der Alpen – und was Sie über diese schon immer wissen wollten. Bruckmann Verlag, München 2020, Fr. 22.-
Andreas Lesti: Das ist doch der Gipfel. Geschichten von den Bergen der Welt. Bergwelten Verlag, Wals bei Salzburg 2020, Fr. 26.-