Jules Jacot Guillarmod – Pionier am K2

Eine Million Wörter und zwölftausend Fotos hinterliess der Neuenburger Arzt und Alpinist Jules Jacot Guillarmod – der erste Schweizer, der den K2 im Karakorum mit eigenen Augen sah und fotografierte. Eine Ausstellung und ein Buch dokumentieren seine unerhört spannende und tragisch endende Biografie.

Historic

«Vu le K2 pour la première fois. Imposant, faisant peur et pourtant plaisir à voir.»

Eintrag von Jules Jacot Guillarmod (1868-1925) in seinem Journal vom 18. Juni 1902. Einer von tausenden Einträgen in seinem Tagebuch. Alle Tage während 40 Jahren, mit ein zwei Ausnahmen, notierte der Neuenburger Arzt und Alpinist, Autor und Fotograf Fakten und Gedanken in sein Tagebuch, vom 1. Januar 1886, sechs Tage nach dem 18. Geburtstag, bis zum 27. Mai 1925, neun Tage vor dem Tod. „Bon bateau, cabine confortable“ ist der letzte Eintrag; am 5. Juni 1925 stirbt er auf einem französischen Postschiff, das ihn von Mombasa nach Europa hätte zurückbringen sollen, im Golf von Aden (Jemen).

Durchschnittlich 100 Wörter pro Tag notierte Jules Jacot Guillarmod; macht 36‘000 Wörter pro Jahr, mehr als eine Million Wörter im Ganzen. Das schriftliche Universum von JJG. Dazu kommt das fotografische mit 12‘000 Fotos. Ab dem 25. April 2014 können wir Jules Jacot Guillarmod im Alpinen Museum der Schweiz in Bern begegnen, in der neuen Ausstellung „Himalaya Report. Bergsteigen im Medienzeitalter“.

Himalaya Report

Die Ausstellung nimmt Jules Jacot Guillarmod und seine beiden Expeditionen – 1902 zum K2 und 1905 zum Kangchendzönga – als Ausgangspunkt, um zu zeigen, wie vielfältig Alpinisten ihr Tun dokumentieren und reportieren. Denn Bergsteiger besteigen Berge – und berichten darüber. Für sich selbst, für andere Alpinisten, für die Öffentlichkeit, für das Vaterland, für die Sponsoren. Jacot Guillarmod, der erste Schweizer im Himalaya und Karakorum, notierte nicht nur Einträge in sein einsames Journal, sondern schrieb Zeitungsartikel, Beiträge in Alpinpublikationen sowie das Buch „Six mois dans l’Himalaya, le Karakorum et l’Hindu-Kush: voyages et explorations aux plus hautes montagnes du monde“. Und hielt Vorträge, schier unzählige Vorträge, wobei seine Fotos die Leute staunen liessen.

Sie tun es übrigens noch heute. Dank diesen Fotos sind wir an den beiden Expeditionen hautnah dabei, erleben ihr Scheitern und ihre glücklichen Momente, sehen Berge und Bergler, wie man sie vorher (und vielleicht auch nachher) nie sehen konnte, spüren die Strapazen. Und auch den Tod: Am Abend des 1. Septembers 1905, bei einem Rückzug von Lager VII auf ca. 6300 Meter am Kangchendzönga, geraten sechs Teilnehmer in eine Lawine. Jacot Guillarmod und der Italiener Rigo De Righi, Direktor des Woodland Hotels in Darjeeling, können sich befreien, Alexis A. Pache aus Morges und die Sherpas Bahadur Lama, Thendup und Phubu bleiben verschüttet. Die drei Sherpas werden später in einer Spalte begraben, für Pache wird ein Steinhügelgrab errichtet. Jacot Guillarmod hält auch diese Szenen fest, mit dem Stift und teilweise auch mit der Kamera. Der exzentrische Engländer Aleister Crowley, Mit- und Gegenspieler von Jacot Guillarmod auf beiden Expeditionen, hat sich unterdessen aus dem Staub bzw. aus dem Schnee gemacht, um auf seine Art möglichst schnell über das Unglück zu berichten. Bergsteigen war schon immer mehr als Berge besteigen. Das zeigt „Himalaya Report“ ganz eindrücklich.

Hätte Jules Jacot Guillarmod schon die heutigen Mitteilungsmöglichkeiten gehabt, so hätte er am 19. Juni 1902, gleich nachdem er um 6.15 Uhr als erster Mensch den K2 fotografierte, folgenden Eintrag auf seinen Blog gestellt: «J’avais espéré faire une photo du K2 au clair de lune mais les nuages le voilent la plus grande partie de la nuit ; ce n’est qu’au matin qu’il se découvre et que je puis prendre deux photos».

Charlie Buffet: Jules Jacot Guillarmod – Pionier am K2. Entdecker und Fotograf im Himalaya, 1902–1905. AS Verlag 2012, Fr. 58.-

Himalaya Report. Bergsteigen im Medienzeitalter: grosse Ausstellung im Alpinen Museum der Schweiz ALPS in Bern vom 25. April 2014 bis 26. Juli 2015. Sehr reichhaltiges Veranstaltungsprogramm, zum Beispiel am 28. Mai „une soirée avec Charlie Buffet, Paris“; am 20. September ein Rundgang mit Hansruedi von Gunten, Drittbesteiger des Everest (1956), und Simon Anthamatten, Erstbesteiger des Kunyang Chhish East (7400 m; 2013).
www.alpinesmuseum.ch

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