Sie kletterten in den kalten Bergen und führten so ihren Krieg gegen den Kalten Krieg. Viele bezahlten den Kampf für ihre persönliche Freiheit mit dem Leben. Von den heroischen Zeiten des polnischen Himalayabergsteigens erzählt ein genau recherchiertes und packend geschriebenes Buch.
„Sie stand mit einem Bier in der Hand an der Bar. Was mir sofort auffiel, war ihre Wärme. Sie war von Fans umgeben, die sie anhimmelten, und erzählte irgendetwas – übers Bergsteigen, wie ich annahm. Sie unterstrich ihre Rede mit ihren wettergegerbten Händen, aber wer eigentlich erzählte, war ihr Gesicht. Ihre tiefen, kaffeebraunen Augen waren von jener Sorte von Linien umkränzt, die vom Lachen und von den Höhenwinden kommen. Ihre hohe Stirn wurde vom schwer zu zügelnden, nussbraunen Haar verdeckt. Und dazu ein Lächeln, so breit, dass es die starken polnischen Kieferknochen gleichsam zerfließen ließ.
Als ich zur Bar kam, schaute sie herüber. ‚Hi. Komm her. Nimm dir ein Bier. Ich bin Wanda.‘
Natürlich wusste ich das. Wanda Rutkiewicz zu treffen war einer der Gründe, weshalb ich um die halbe Welt zu diesem Bergfilmfestival an der Französischen Riviera gereist war. Antibes ist ein schöner Ort, aber nicht gerade im Dezember.“
So beginnt eines der besten Bergbücher, die ich kenne: „Klettern für Freiheit“ von Bernadette McDonald. Die kanadische Autorin schreibt über die polnischen Alpinisten der 1970er- und 1980er-Jahre, die damals zu den besten der Welt gehörten. Alle renommierten (englischen) Bergbuchpreise hat „Freedom Climbers“ bereits erhalten. Nun ist die deutsche Ausgabe da. Sie passt perfekt zum heutigen 11.12.13, zum internationalen Tag der Berge. Der durch die UNO eingeführte Gedenktag wird auch „Welttag der Berge“ genannt.
Wanda Rutkiewicz und ihre Landslaute unternahmen die härtesten und verrücktesten Touren im Himalaya: eine Art von kaltem Krieg, die wir bewundern können, ja vielleicht müssen. Klettern für Freiheit eben. Schon der Schweizer Schriftsteller und Bergsteiger Ludwig Hohl beantwortete die Frage nach dem Warum des Bergsteigens so: „Um dem Gefängnis zu entrinnen.“ Im persönlich gefärbten, genau recherchierten und packend formulierten Buch von Bernadette McDonald erfährt diese Antwort eine ganz neue und tiefe Bedeutung.
Es gibt Bergbücher, die lesen vor allem Bergsteiger. Und dann gibt es Bergbücher, die lesen auch Nicht-Bergsteiger, gerade auch sie. Weil sie spannend sind und gut geschrieben. Weil sie ein Thema aufgreifen, das über das eigentliche Bergsteigen hinaussteigt. „Sturz ins Leere“ war so ein Buch, oder „In eisige Höhen“. Bestseller beide. Das ist auch „Klettern für Freiheit“ zu wünschen.
Bernadette McDonald: Klettern für Freiheit, AS Verlag, Zürich 2013, Fr. 39.90.
Zwei Veranstaltungen von heute Mittwoch, 11. Dezember, dem internationalen Tag der Berge:
Das kult.kino atelier in Basel zeigt um 18.30 den Dokumentarfilm Peak von Hannes Lang über die Schattenseiten des aktuellen Wintertourismus; anschliessend daran Podiumsdiskussion mit Stadtwanderer Benedikt Loderer, Marcel Liner von Pro Natura Schweiz und Christoph Egger, Direktor der Schilthornbahn AG. www.kultkino.ch
Das Alpine Museum in Bern veranstaltet um 18.30 Uhr als Vorgeschmack auf die kommende Sonderausstellung Himalaya Report eine Veranstaltung zum Thema Bergtourismus in der Himalaya-Region, in Zusammenarbeit mit der DEZA. www.alpinesmuseum.ch