La Montagne à la Une

Triumph und Tod in den Bergen, Paris Match war dabei. Damals, als Bergsteiger wie Bonatti, Lachenal und Herzog noch Abenteurer und Helden waren (und noch nicht Medienstars am Tropf von Sponsoren). Ach ja, die gute alte Bergsteigerwelt. Ein Buch zum betrachten, bewundern und – falls man im Französischunterricht nicht geschlafen hat – auch lesen.

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Das sind die vier Schlagzeilen auf einem Cover der französischen, wöchentlich erscheinenden Illustrierten „Paris Match“. Gross abgebildet ist ein Alpinist in roter Daunenjacke und weisser Wollmütze, mit einer Pilotenbrille, in der sich die Sonne spiegelt, und mit einem eisverkrusteten Schnauz. Die Legende zum Bild ist ebenfalls auf dem Titelbild vom 1. Juni 1979: „Au sommet de l’Annapurna, 8077 mètres, Henri Sigayret. Celui qui a fait cette photo, Yves Morin, va mourir, en descendant à ski, quelques centaines de mères plus bas.“ Triumph und Tragödie in den Bergen, einmal mehr. „Paris Match“ war und ist dabei.

Natürlich auch im Sommer 1950, als mit der Annapurna zum ersten Mal ein über 8000 Meter hoher Gipfel bestiegen wurde: am 3. Juni standen Maurice Herzog und Louis Lachenal zuoberst, oder wenigstens fast zuoberst, ein paar Meter unterhalb des verwächteten Gipfels. Ein heikler Punkt, der immer wieder zu Diskussionen Anlass gibt, so auch in der aktuellen Juni-Ausgabe von „Montagnes Magazine“, darin die ganze Geschichte vom angezweifelten Gipfelerfolg nochmals aufgerollt wird. Dort ist die berühmte Gipfelfoto mit Herzog, fotografiert von Lachenal, auch richtig abgedruckt, nicht seitenverkehrt wie auf dem Titelbild des „Paris Match“ vom 19. August 1950 – das französische Fähnchen am hochgehaltenen Pickel von Herzog hätte sonst keinen Platz gefunden… Ein Detail nur, das aber zeigt, dass die Illustrierte dem Bild mehr Wichtigkeit zumass als dem Text.

Französischer Sieg an der Annapurna: Das war der Startpunkt für viele grosse alpine Reportagen des „Paris Match“. Unter diesem Namen kam die Zeitschrift erstmals 1949 heraus. Bereits 1927 war die Sportzeitung „Match“ lanciert worden. 1938 wurde sie von Jean Prouvost, Besitzer des „Paris Soir“, gekauft, der aus ihr die illustrierte Wochenzeitung „Match“ machte; 1940 ging sie aber ein. Nun hat die berühmte französische Alpinistin Catherine Destivelle, selber immer wieder im „Paris Match“ abgelichtet, zusammen mit Philipp Bonhème einen Bildband über all die grossen und kleinen Berggeschichten dieser Illustrierten herausgegeben, unter dem Titel „La Montagne à la Une“ – der Berge auf Seite 1.

Gloire et mort en montagne: Erstbesteigung des Fitz Roy, des Everest, des Makalu; die Exploits von Desmaison und Profit; geglückte und gescheiterte Rettungen, wie die himmeltraurige tragédie de Vincendon et Henry am Mont-Blanc 1957 oder das Corti-Drama am Eiger im gleichen Jahr; das grosse Bergunglück an der Aiguille Verte am 7. Juli 1964 mit vierzehn Toten, die meisten von ihnen Führer(aspiranten) von Chamonix; Lawinen- und Dammbruchkatastrophen – immer „tout le drame en photos“, wie die gängige Schlagzeile auf der première page lautet. Diese Fotos: Sie gehen unter die Haut, da waren die Reporter und die Bildredaktoren des „Paris Match“ schon ganz nah dran, an Freud und Leid in den Bergen. Ich erwähne nur zwei Bilder. Walter Bonatti im Kreise von Freunden im Refuge de la Charpoua, nach seiner epochalen Soloerstbegehung des Südwestpfeilers am Petit Dru im August 1955. Das runde Loch der riesigen versteckten Spalte, in die Louis Lachenal bei einer Abfahrt durch das Vallée Blanche fiel, am 25. November des gleichen Jahres.

La Montagne à la Une. Paris Match 60 ans de reportages. Texte de Catherine Destivelle et Philippe Bonhème. Les Éditions du Mont-Blanc, Paris 2013, Fr. 75.-

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