L’alpinisme au féminin

Frauenalpinismus: ein Buch, ein Film und eine Ausstellung.

«En 1992, à 49 ans, Wanda Rutkiewicz est au pied du Kangchenjunga, son neuvième 8000, avec le Mexicain Carlos Carsolio. Les deux alpinistes partent à 3 h 30 du matin. Carlos Carsolio se hisse à la cime après douze heures de combat dans une neige profonde. En descendant, il retrouve Wanda, qui s’abrite dans une grotte, à environ 8200 mètres d’altitude, et discute avec elle sur son intention de bivouaquer et de tenter le sommet le lendemain. Il racontera plus tard: ‹Je ne pouvais pas lui dire de ne pas y aller. Je lui ai suggéré Wanda, il fait trop froid, l’ascension est encore longue, le mauvais temps arrive, sans pour autant lui déclarer Wanda, arrête, descends avec moi. Je n’ai pas eu le courage de mettre fin à son rêve. Elle risquait sa vie, c’était sa décision.› Elle ne reviendra jamais au camp de base.»

Das ist DIE Frage. Blieb die polnische Topalpinistin Wanda Rutkiewicz am 12. Mai 1992 irgendwo an ihrem neunten Achttausender oben, nachdem Carlos Carsolio alleine seinen Abstieg vom Kangchendzönga (8586 m), dem dritthöchsten Berg der Welt, fortsetzte und zuerst in einem Höhenlager auf sie wartete, später dann im Basislager? Oder gelang ihr irgendwie und unerkannt auch der Abstieg aus der tödlichen Höhe? In einem Tamedia-Interview von letzter Woche sagt die polnische Regisseurin Eliza Kubarska der eben angelaufenen, schweizerisch-polnischen Co-Produktion «The Last Expedition» zur immer wieder geäusserten Vermutung, dass sich Wanda Rutkiewicz in einem buddhistischen Frauenkloster verstecke: «Wandas Mutter glaubte bis zum Tod daran, dass ihre Tochter lebt. Und es gab immer mehr Hinweise. Zum Beispiel sahen zwei Touristen in einem buddhistischen Kloster eine Frau, die wie Wanda aussah. Und als sie nach ihr fragten, wurden sie von der Lama gebeten, das Kloster zu verlassen.»

Das Schicksal der ehemals besten und bekanntesten Höhenalpinistin beschäftigt bis heute. In ihrem druckfrischen Buch «Une histoire de l’alpinisme au féminin» widmen Stéphanie & Blaise Agresti dem «spoutnik nommé Wanda» eine Doppelseite. Die Publikation ist der vierzehnte, wie immer fein illustrierte Band in der Glénat-Reihe «Une histoire de…»; bergliteratur.ch hat ein paar vorgestellt, zuletzt den Band zu den Berghütten. Natürlich erschien auch schon «Une histoire de l’alpinisme», darin die Frauen ihren Platz am Seitenrand und auf gerade mal acht Fotos gefunden haben. Doch nun stehen sie im Zentrum. Die Mutter von Blaise, Isabelle Agresti, war in den 1960er Jahren eine der wenigen Frauen, die auf über 7000 Metern gestanden hatten. Mit ihrem Mann Henri unternahm sie Expeditionen auf der ganzen Welt, und in den Alpen kletterte die Seilschaft Isabelle & Henri schwierigste Routen wie Frêney-Pfeiler am Montblanc oder Directe Americaine an den Drus. Auf dem Cover des Buches ihres Sohnes und ihrer Schwiegertochter ist Isabelle unterwegs am Kohe Setara (6050 m) in Afghanistan. Une affaire de famille der schönen Art.

Gibt es überhaupt einen weiblichen Alpinismus? Um das herauszufinden, klettern Stéphanie & Blaise Agresti zurück in die Geschichte des Alpinismus, zu den Pionierinnen, die sich nicht scheuten, in diesem männerdominierten Sport mitzumachen, und das unter unter grossen Schwierigkeiten. Eine der Frauen, die sogar vorangingen, war Elizabeth Main, auch bekannt als Mrs. Fred Burnaby, Mrs. John F. Main und Mrs. Aubrey Le Blond. Denn Elizabeth, geborene Hawkins-Whitshed, war dreimal verheiratet. Die verschiedenen Namen sind mit ein Grund, warum ihre Vorreiterrolle am Berg und als Autorin nicht immer wirklich gross gewürdigt wird, auch im Agresti-Buch nicht. Denn wenn Alpinistinnen schon rar waren, wie sind es denn erst recht Frauen, die über das Bergsteigen geschrieben haben. Die Zeiten haben sich geändert, und Stéphanie & Blaise Agresti zeigen im letzten Kapitel «Et demain: liberté, egalité, sororité?», wohin schwesterliche Bergtouren gehen. Da sind zum Beispiel die Cholitas Escaladores in Bolivien, eine 2015 in Bolivien gegründete Gruppe von einheimischen Frauen, die in traditioneller Kleidung die hohen Berge dort besteigen. Da ist die Iranerin Nasim Eshqi, die sich für die Frauen und für Freiheit in ihrem Land einsetzt. Da ist die französische Topalpinistin Lise Billon, die als erst zweite Frau einen Piolet d’Or (höchste Auszeichnung für Bergsteigende) erhalten hat: «J’ai envie d’être vue comme une alpiniste, pas comme une femme alpiniste. Tant qu’on me pose la question, c’est que je continue d’être vue comme une femme alpiniste.»

Frauenalpinismus: ein Buch, ein Film. Und eine Ausstellung: «Starke Frauen am Seil. Die Geschichte des Rendez-vous Hautes Montagnes» im Tal Museum Engelberg. Natürlich in Engelberg: Denn das erste Treffen von Alpinistinnen aus West und Ost wurde auf Initiative der in Engelberg wohnhaften Baronin Felicitas von Reznicek organisiert und am 16. Mai 1968 mit einer Flasche Champagner auf dem Gipfel des Titlis begossen. 70 Frauen nahmen an diesem ersten Rendez-vous Hautes Montagnes teil. Die Mitgliedschaft im RGM steht allen Frauen verschiedener Nationalitäten offen, die den Schwierigkeitsgrad V als Seilerste beherrschen und ihre Touren selbständig durchführen können. Auch heute noch treffen sich jedes Jahr Alpinistinnen aus aller Welt, um gemeinsam Berge zu erklettern. Die Ausstellung in Engelberg erzählt die Geschichte der Vereinigung, deren Gründerin und lässt Frauen und Männer zu Wort kommen. Mit dabei bei der Gründung war auch Loulou Boulaz gewesen, die erste Frau in den Nordwänden von Eiger und Grandes Jorasses. Vier Seiten widmen Stéphanie & Blaise Agresti der Genferin, die «parmi cette petite élite des très grands alpinistes du XXe siècle» gehört.

Stéphanie & Blaise Agresti: Une histoire de l’alpinisme au féminin. Éditions Glénat, Grenoble 2024. € 25,95.

The Last Expedition. The Mystery of Wanda Rutkiewicz. A film by Eliza Kubarska. Läuft in verschiedenen Kinos in der Schweiz. Zum Beispiel im Kino Rex in Bern, www.rexbern.ch/filme/the-last-expedition.

Starke Frauen am Seil. Die Geschichte des Rendez-vous Hautes Montagnes. Ausstellung im Tal Museum Engelberg. Bis 21. April 2025. Öffnungszeiten Mittwoch bis Sonntag, 14-17 Uhr. Erzählcafé am Sonntag, 9. Februar 2025, 14-16 Uhr. Workshop: Was braucht Frau am Berg? am 23. März 2025, 14-15.30 Uhr. www.talmuseum.ch; www.rhm-climbing.net

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