Zwei grossartige Bücher zum Mont Blanc und zur Aiguille du Midi, zu Tourismusplakaten und zu Seilbahnen. Und eine Ausstellung, in der der höchste Gipfel der Alpen im Zentrum steht. À ne pas rater!
«Jules-Abel Faivre ne connaît sans doute pas Chamonix. La manière imprécise dont il dessine le mont Blanc montre qu’il se réfère à une photographie. De même, il n’a sans doute jamais vu de skieur et encore moins de skieuse. Celle qu’il dessine ressemble à une midinette parisienne courant les grands magasins! Elle pose et tient le bâton comme son sac à main. Son regard n’est pas tourné vers la piste et sa position sur les skis laisse entrevoir une chute prochaine qui lui fera perdre son sourire de Joconde et son chapeau à plume. Cette représentation naïve n’est pas pour rien dans le charme de cette affiche qui a connu une grande célébrité.»
Brillant, wie Jean-Charles Giroud das um 1905 geschaffene Plakat „Sports d’hiver Chamonix (Mont-Blanc)“ von Jules-Abel Faivre beschreibt, präzise und mit feinem Spott. Ein berühmtes Poster der schicken Skiläuferin mit dem Mona-Lisa-Lächeln; es lässt sich bestellen, zum Beispiel bei www.heritage-posters.co.uk. Und es lässt sich bewundern im ausgezeichneten Werk „Le Mont Blanc s’affiche!“.
Jean-Charles Giroud, ehemaliger Direktor der Bibliothèque de Genève, besitzt eine grosse Plakatsammlung und hat schon mehrere Publikationen dazu verfasst; vgl. auch https://bergliteratur.ch/fruehlingsschnee/. Im neuen Werk stellt er 71 touristische Plakate zwischen 1854 und 2006 vor, mit dem Schwerpunkt erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. So einfallsreich, so farbig, so überraschend, so grafisch perfekt wurden damals die Touristen umworben, wurden nach Chamonix und ins Valle d‘Aosta, nach Megève und Genève, nach Yverdon und Lyon gelockt, immer mit dem Mont Blanc am nahen oder fernen Horizont. Mit dem höchsten Berg der Alpen warben gleichfalls Evian und Lyon, obwohl er von diesen Orten nie bzw. nur bei ganz guter Fernsicht zu sehen ist. Ein Plakat darf schliesslich die Geografie ein wenig zurechtrücken. Das neue Buch von Giroud ist aber mehr als nur eine Posterstory des Mont Blanc, es ist auch eine pointiert verfasste Geschichte des Tourismusplakates überhaupt.
Breit gefächert ist ebenfalls das folgende Buch, wie schon im Titel ersichtlich: „Une histoire de l’Aiguille du Midi et des téléphériques“. Pierre-Louis Roy befasst sich einerseits mit der Geschichte der technischen Erschliessung des Hausberges von Chamonix, von den ersten Plänen um 1905 über die Seilbahn in den Col du Midi aus den 1920er Jahren bis endlich zur Eröffnung des Téléphérique de l’Aiguille du Midi im Jahre 1955, damals die höchste Seilbahn der Welt (Bergstation auf 3777 m). Heute ist sie noch die zweithöchste Seilbahn Europas nach der 1979 in Betrieb genommenen Seilbahn auf das Kleine Matterhorn (Bergstation auf 3820 m). Andererseits wird in der Publikation, immer mit zahlreichen Illustrationen, überhaupt die Geschichte erzählt, wie der Mensch mit gespannten Drahtseilen, sei es am Boden oder dann vor allem in der Luft, unzugängliches Terrain in der Horizontalen und Vertikalen überwand. Von der Aiguille du Midi führt eine Kleinkabinenbahn über das Vallée Blanche und den Glacier du Géant hinweg zur Pointe Helbronner, von wo man nach Entrèves bei Courmayeur hinunter schwebt. Eine Traversierung des Mont-Blanc-Massivs ohne Anstrengungs-, aber vielleicht mit Angstschweiss. Letzteren kriegt man teilweise auch beim Betrachten von Fotos, wo Monteure auf Seilen, Stützen und Kabinen am Werk sind, nicht immer gut gesichert, scheint es.
Und noch ein dritter, ganz eiliger Tipp zum Mont Blanc, mit der Ausstellung „La montagne en perspective“ im Musée d’Art et d’Histoire in Genf. Diese kleine, aber sehr feine Exposition ist nur noch bis zum 12. Februar 2023 zu sehen: http://institutions.ville-geneve.ch/fr/mah/expositions-evenements/expositions/la-montagne-en-perspective/. Einzigartige, mit klugen Erklärungen versehene Exponate zu den Bergen, insbesondere zum Mont Blanc, angeordnet nach den Blicken von ferne, von unten, aus der Nähe, von allen Seiten. Und dann sollte man unbedingt noch durch die allgemeine Kunstausstellung auf dem gleichen Stock wandern, an den berühmten Berggemälden von Calame, Diday und Hodler vorbei zum 1444 gemalten Altarbild „Der wunderbare Fischzug“ von Konrad Wirz, mit den Bergen Les Voirons, Le Môle, Petit Salève im Mittelgrund und den Gletschergipfeln des Mont Blanc im Hintergrund – die erste topografisch genau bestimmbare Landschaftsdarstellung der europäischen Malerei.
Jean-Charles Giroud: Le Mont Blanc s’affiche!. Éditions Glénat, Grenoble 2022. € 36,00.
Pierre-Louis Roy: Une histoire de l’Aiguille du Midi et des téléphériques. Éditions Glénat, Grenoble 2022. € 25,00.