Naturerbe der Schweiz

Vor diesem Bildband sei gewarnt! Denn er sei «atemberaubend schön», meint unser Rezensent. Nun, da er den Raub seines Atems überlebt hat, können wir das Buch trotzdem freigeben. Noch atemberaubender wäre es natürlich, die gepriesenen «Landschaften und Naturdenkmäler» in Natura zu betrachten. Aber jetzt liegt ja Schnee und das Sofa ist so bequem, dass sich auch das Blättern im Bilderwald lohnt. Aber nächsten Frühling geht’s dann bestimmt los: hinaus an die frische Luft, zum Atmen und Staunen, wie schön doch die Schweiz sein kann.

Cover Naturerbe

Die Rigi hab‘ ich nun geseh’n,
Kann ruhig drum nach Hause geh’n:
Auf dem Kulme zählt‘ ich die dreizehn See’n,
Hab‘ Schneeberg‘ und Ebene deutlich geseh’n,
Und zehen Centimes, lieber Leser
Entrichtet‘ ich dem Alphornbläser.
Im Kaltenbad auch gieng ich ein,
Fand es gar nobel da und fein!
Und was beim Känzeli ich erschaut
Hat mich wie manche Predigt erbaut.

Ein paar Zeilen aus dem dreistrophigen Gedicht „Rigi“ von Theodor Meyer-Merian. Es ist enthalten in einem herzergreifend schönen Gedichtband aus dem Jahre 1856; Herausgeber Johann Kirchhofer gab ihm den Titel „Helvetiens Naturschönheiten, oder das Schweizerland, mit seinen berühmtesten Bergen, Thälern, See’n, Flüssen, Wasserfällen und Heilquellen, nebst Anhang über Städte, Schlösser, Denkmale etc.“.

Nun ist ein ebenso atemberaubend schöner Bildband erschienen, der die Naturschönheiten des Schweizerlandes ins beste Licht rückt: „Naturerbe der Schweiz“ von Raymond Beutler, Sekundarlehrer, Geograf, Raumplaner, und von Andreas Gerth, Fotograf. Das grossartige und -formatige stellt mit bündigen Texten und bunten Fotos die 162 Objekte vor, die das „Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN)“ heute umfasst. Mit dabei im Teil „Zentraler und östlicher Alpennordhang“ auch das Gebiet Nr. 1606: Vierwaldstättersee mit Kernwald, Bürgenstock und Rigi. Auch wer glaubt, die Schweiz gut zu kennen, wird staunen, was es zwischen der Rhône genevois (Nr. 1204) und dem Piz Arina (Nr. 1909), dem Wangen- und Osterfingental (Nr. 1110) und den Denti della Vecchia (Nr. 1813) zu entdecken, zu bewundern und – ja, warum eigentlich nicht? – zu besuchen gibt.

Klar, das Buch kostet etwas mehr als die zehn Centimes, die Theodor Meyer-Merian dem Alphornbläser auf der Rigi oben gab. Aber auch nicht ganz so viel wie das einzige Exemplar von „Helvetiens Naturschönheiten“, das sich auf www.zvab.com fand.

Raymond Beutler (Text), Andreas Gerth (Foto): Naturerbe der Schweiz. Die Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung. Haupt Verlag, Bern 2015, Fr. 78.-

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