Geografie ist ein schwieriges Fach. Literatur kann da gelegentlich Lücken füllen, etwa zum Oberaargau, der nicht im Aargau liegt, sondern im Hinterluzern, bzw. Kanton Bern, aber auf der Landeskarte zu finden unter Solothurn. Einer der höchsten Gipfel heisst Ankehubel, 1085 Meter über Meer.
„Chäs, Nidle, Milch u Anke,
hei uf em Bärg mir de;
da chöi mir nid erchranke,
hei keiner Sorge meh!“
Brauchen wir mehr im neuen Jahr? Laut dem Berner Wanderbuch „Oberaargau“ von 1956 jedenfalls nicht. Den Vierzeiler fand ich bei der Tour auf den Ankehubel (nicht Ankerhubel…), einem vorzüglichen Aussichtspunkt (1085 m) in der Südflanke des Hällchöpfli (1230 m), des höchsten Gipfels des Oberaargauer Juras, ja des ganzen Oberaargau. Der Ahorn (1139 m) am Rande der Emmentaler Alpen ist ja schon etwas tiefer. Zwischen diesen beiden Högern erstreckt sich der Oberaargau.
Warum heisst diese bernische Region überhaupt so? Ober-Aargau! Und nicht Nordostbern? Oder gar Hinterluzern, Untersolothurn? Schliesslich liegt sie im Hinterland von Luzern, und auf der Landkarte unter dem Kanton Solothurn. Das fragt sich der in Langenthal wohnende und arbeitende Hans-Jürg Schmied im „Oberaargauer Lesebuch“. Es umfasst Texte von 27 Autoren aus dem Oberaargau, von der 1915 geborenen Senta Simon bis zu Urs Mannhardt und natürlich Pedro Lenz, dessen Beitrag schlicht und treffend „Mein Oberaargau“ heisst. Wer an seinem in der Oberaargauer Mundart geschriebenen (und gelesenen!) Roman „Der Goalie bin ig“ Gefallen gefunden hat, dürfte ebenfalls Verständnis und Freude für das schön gemachte und vorzüglich illustrierte Buch des langjährigen Langenthaler Geografielehrers Valentin Binggeli aufbringen. Es heisst „Hügelland“ im Haupt- und „Der Oberaargou i sir Sprooch. E bäärndütschi Geografii“ im Untertitel. Keine Angst: Nicht alles ist in Mundart geschrieben, weder das Kapitel „Der Hodler z Langetu“ noch diejenigen über Cuno Amiet, Robert Walser oder Gerhard Meier.
Gerhard Meier: „Gschribe het er Schriftdütsch, aber gredt het er das unverkennbaare Bipper Bärndütsch, es Oberaargouerdütsch wo starch is Soloduurnische ine geit.“ In Niderbipp lebte Meier ein Leben lang; in seinen Büchern heisst das Dorf Amrain. Es liegt am Fuss des Ankehubels.
Brauchen wir mehr in diesem Jahr als Käse, Rahm, Milch und Butter? Vielleicht ab und zu ein gutes Buch…
Oberaargauer Lesebuch. Herausgegeben von Daniel Gaberell. Kulturbuchverlag Herausgeber.ch, Bern 2011, Fr. 34.-
Valentin Binggeli: Hügelland. Der Oberaargou i sir Sprooch. E bäärndütschi Geografii. Herausgeber.ch, Bern 2011, Fr. 27.-