Reisekarten der Schweiz

Wenn einer eine Reise tut – dann braucht er eine Karte. Schon die Römer orientierten sich damit in ihrem Reich und Pilger fanden Santiago de Compostela mit der Landkarte in der Hand (heute nicht mehr nötig, einfach der Ameisenstrasse folgen). Auch die Skirouten hat man inzwischen auf dem Smartphone, trotzdem: wer sich für Kartengeschichte interessiert, findet hier eine interessante Publikation.

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„Worauf es ankam, das waren das Wetter, die Schneeverhältnisse, die Schnelligkeit unserer ‚Bretter‘, Verbesserungsmöglichkeiten einer falschen Technik, Karten mit neuen Abfahrten, die Gleichmäβigkeit des Brauns auf unserer sonnenverbrannten Haut, das unsere Zähne so weiβ und die bunten Farben unseres Halstuches so leuchtend machte!“

Königlich, nicht wahr? Passend zum heutigen Tag, mehrfach passend: Dreikönigstag, blauer Himmel, Schnee bis in die Niederungen. Und morgen ein ganz berühmtes Skirennen: der Männer-Riesenslalom am Chuenisbärgli. Aber geschrieben hat den Text zu dem, worauf es ankam, eine Frau: die Genferin Ella Maillart (1903–1997), Reiseschriftstellerin, Fotografin und Sportlerin. Anfangs der 1930er Jahre war sie Mitglied der Schweizer Skinationalmannschaft. Das Zitat findet sich im Kapitel „Lob des Skilaufs“ im 1952 publizierten Buch „Leben ohne Rast. Eine Frau fährt durch die Welt“; der Originaltitel lautet „Cruises and caravans“ und war 1944 in London erschienen.

Was im Winter natürlich bestens passt, sind Karten mit neuen oder auch alten Abfahrten: Skitourenkarten, in denen die lohnendsten Routen eingetragen sind. „Eine mit den genauen Routen versehene Karte ist wertvoller als die genaueste Beschreibung,“ schrieb der Skipionier, Führerautor und Alpinhistoriker Marcel Kurz im „Ski-Führer durch die Walliser Alpen. Band II: Vom Col de Collon bis zum Monte Rosa“ von 1924. Die ersten Skitourenkarten für die Schweiz waren 1912 auf den Markt gekommen; ab 1920 nahm ihre Zahl rapide zu und erreichte mit über 100 Exemplaren vor dem Zweiten Weltkrieg den Höhepunkt.

Aber es gab und gibt nicht nur Skikarten. Diese zeigen nur einen Aspekt der sogenannten Reisekarten. Zu dieser besonderen Gattung gehören auch Pilger-, Strassen-, Postrouten-, Schifffahrts-, Eisenbahn-, Velo-, Auto-, Wander- und Exkursionskarten. Die von Hans-Uli Feldmann geleitete Zeitschrift „Cartographica Helvetica“ widmet sich in ihrer jüngsten Ausgabe den Reisekarten der Schweiz: ein sehr informatives und wunderbar illustriertes Heft. Das erste Beispiel einer Reisekarte ist die streifenförmige Tabula Peutingeriana aus dem 12. Jahrhundert. Sie zeigt das Strassennetz im spätrömischen Reich von den Britischen Inseln über den Mittelmeerraum und den Nahen Osten bis nach Indien und Zentralasien. Aber erst am Ende des 15. Jahrhunderts lagen die ersten Pilgerkarten mit geographisch richtiger Orientierung vor; das Heilige Jahr 1500 und das mit ihm verbundene Bedürfnis zu einer Reise nach Rom förderte die Herausgabe solcher Karten in Mitteleuropa, und dabei bildete die Schweiz ein wichtiges Durchgangsland.

Eine Schweiz ohne Landeskarte, das können wir uns so wenig vorstellen wie eine Schweiz ohne Berge und Banken, Uhren und Schokolade, Skipisten und SBB. Wo kämen wir sonst hin? Genau das ist: Mit den Karten kommen wir voran. Im neuen Jahr erst recht.

Reisekarten der Schweiz. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Cartographica Helvetica, Heft 53, Murten 2016; Format A4, 64 Seiten mit 90 farbigen Abbildungen, Fr. 25.-; info@cartographica-helvetica.ch, www.kartengeschichte.ch.

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