Säntis per pedes

Zu Fuss auf einen Gipfel, auf den eine Seilbahn führt? Niemals! Oder doch?

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Für die letzten Meter zum Gipfel nehmen wir den Lift. Wir haben uns im Labyrint der Seilbahnstation verirrt, in dunklen Schächten, Kiosks, Panoramarestaurants mit verglasten Terrassen, Toiletten, blauen Plastikkühen, Plakaten und Bildschirmen. Der Lift rettet uns, ein Knopfdruck: Gipfel! Willkommen auf dem Säntis! Freie Sicht aufs Schwabenmeer. Schnell ein paar Bergnamen repetiert: Altmann, Hundstein, Zimba, Silvretta, Palü, Tödi und so weiter. Oh ja, das Ringelspitzli, höchster St.Galler Berg, zeigt sich auch noch. Nur das Mittelmeer nicht, die Alpen stehen noch.
Und hier steht eine rotweisse Interkontinentalrakete bereit zum Start. Und ein tibetanisches Monument mit wehenden Gebetsfahnen. Und zuoberst die Wetterstation, die uns schliesslich an unsere Mission erinnert: Säntismord! Wir sind auf den Spuren von Literatur gewandert, zu Fuss von der Ebenalp hier hinauf am fast heissesten Tag der Welt. Ein strenger Arbeitstag also. I.C Heer und Hermann Hesse, Ekkehard und Ebel, der berühmte Absturz des Geologen Albert Heim und nicht zu vergessen den Alpsteinkrimi einer jungen Autorin. Und der Realkrimi des Mordes am Wetterwartpaar im Jahr 1922.
Alles im Kopf und in den Füssen: vom Wildkirchli hoch über dem Seealpsee die Äscherwand entlang, die in der Sonne glüht. Wie vor ein paar Jahren, als wir an einem Geburtstag die Route «Grosis Geburtstag» kletterten – inzwischen ist das Geburtstagskind ein richtiges Grosi geworden. Und klettert immer noch, heute allerdings nicht, heute gehts steil und heiss bergwärts. Zu Molke mit Aprikosengeschmack auf der freundlichen Altenalp und dann steinig und stotzig über Pässchen auf und ab und schliesslich über weite Schneefelder zum Blauschnee, der zwar nicht blau ist, dafür mit gut gestampfter Spur, schliesslich an Drahtseilen und Klammern über die «Himmelsleiter» ins Labyrinth der Gipfelstation, die wie ein Atombunker aussieht, samt Rakete. Die Wanderung, wunderbar und einsam und sehr empfehlenswert, falls man den Gipfelschock erträgt oder ausblendet. Dann Bier und Alpsteinpasta und Schlaf bis zum Sonnenaufgang im überaus freundlichen Gasthaus zum Alten Säntis.

Ein Gedanke zu „Säntis per pedes

  1. … freue mich, hier einen Kommentar zu einer eigenen Besteigung, eher eine Seilbahn-Befahrung, da komplett verschneit, von mir zu geben. Eigentlich war es der teuerste Museumseintritt, den ich jemals gezahlt habe (durch den Fahrpreis der Seilbahn). Einmalig und absolut sehenswert ist das vielleicht in Europa höchste Mineralienmuseum auf der Bergstation der Säntis-Seilbahn mit sehr schönen Mineralien aus dem Gebiet des Säntis. Unbedingt mal´reinschauen. Übrigens: Vom Panorama habe ich nichts gesehen, nur den Beton der Station …

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