Wieder mal am Grossen Mythen. Auf glitschigen Pfaden abseits der Ameisenstrasse.
Bei Kehre 22 auf dem Mythenweg hole ich Peter Guyer ein, Doyen des 100-er Clubs. Er schwitzt, stakt bedächtig hoch mit zwei Stöcken; er sieht nicht mehr gut, doch den Weg würde er auch blind noch finden, so manches Jahr ist er über hundert Mal da hinauf.
Dann kraxle ich eine Rinne hoch zu einem blauen Pfeil, der nach links weist. Schafweg heisst der Pfad, bald schon Drahtseile, schwindelerregend hoch über dem Geissstock, manchmal nur Tritte im steilen Gras, wie Stufen in einer Eiswand. Abstieg zum legendären Nollenbrünneli unter dem Wyss Nollen, das auch bei Trockenheit niemals versiegen soll. Jetzt sprudelt es kräftig, und aus der Wand tropft es. Die Gras und Schutthalden fallen trichterartig in die Tiefe, ich habe das Gefühl, wenn ich ausrutschen würde, würde es mich mitten auf den Rathausplatz von Schwyz katapultieren, über 1000 Meter tiefer unten. Also weiter, immer den blauen Markierungen nach, die ich einmal verfehle, in einen stufenlosen Grashang gerate, doch das Mythengras, ebenfalls legendär, soll ja stärker sein als jedes andere. Also kräftig zugegriffen, das Gras ist zwar nass im Schatten, die Tritte sind schmierig. Aber einmal muss ich mich doch verlaufen, das gehört zu jeder meiner Wanderungen. Die Mythenmatt hoch im Sonnenschein, erdigen Stufen folgend, steige ich hinauf zum Rotgrätli. Standhaken sehe ich, da wird offenbar gelegentlich gesichert. Vor der leichten Kletterei putze ich mit einem Stück Zeitungspapier die Sohlen meiner abgelatschten Trekkingschuhe. Gewiss eine sinnvolle Verwendung des Tages-Anzeigers. Fällt mir ein, dass das früher, als wir mit Bergschuhen mit Vibramsohle kletterten, unsere «Geheimwaffe» war. Kam man mit verdreckten Sohlen zum Einstieg, wie etwa im Bockmattli üblich, putzte man sie mit Zeitungspapier. Gestuft geht’s höher, luftig, doch man schaut ja bekanntlich nach oben beim Klettern. Hier eher kraxeln. Da und dort ein Kettchen, manchmal gar mit Handgriff versehen, wie früher bei WC-Spülungen. Einmal ein Ausbruch, lose rote Blöcke liegen herum, vielleicht ist das die Stelle, wo letztes Jahr ein Mann zu Tode stürzte, offenbar mit einem ausbrechenden Block. Dann taucht die Fahne auf, der Gipfel, und dann natürlich Kaffee und Nussgipfel. Peter Guyer sitzt auch schon da bei seinem Bier. «Dieses Jahr werde ich es wohl nicht hundert Mal schaffen», sagt er. Ich wohl auch nicht.
Im Nachgang zwei Zeckenbisse festgestellt. Also, aufgepasst im Mythengras!