Sieben Lawinentote in drei Tagen: Schnee macht nicht nur glücklich. Das ist den Autoren des Buches mit dem lakonischen Titel durchaus bewusst, forschen sie doch unter anderem daran, Schneekatastrophen zu verhindern. Nebenbei auch, wie die Skis unserer Alpinen (noch) schneller auf Kunstschnee gleiten und wie die Alphörner unserer Urmusiker im Naturschnee ihre Krümmung finden.
„Schnee weckt Emotionen bei Jung und Alt und fordert die Wissenschaft. Es ist lästig, mit dem Auto im Schnee stecken zu bleiben oder sich mit nassen Schuhen durchs Schneegestöber zu kämpfen. Bedrohlich gar, wenn sich im freien Gelände auf einer Skitour eine Lawine löst. Ohne Schnee aber auch kein Winterzauber. Was gibt es Besseres, als mit einer Tasse dampfenden Tees in der Hand aus dem Fenster den tanzenden Schneeflocken zuzuschauen – wohl nur eine Abfahrt im stiebenden Pulverschnee.“
So fragen sich Dr. Jürg Schweizer, Leiter des WSL-Institutes für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos, und Prof. Dr. Michael Lehning, Leiter der Forschungseinheit Schnee und Permafrost, im Vorwort zu dem von SLF herausgegebenen Buch mit dem ganz einfachen Titel „Schnee“. Und die beiden Schnee-Männer geben auch gleich die Antwort: nichts. Oder doch?
Alphornbläser zum Beispiel haben eine ganz andere Beziehung zur weissen Materie, die im Winter vom Himmel fällt, auf die wir in den letzten Wochen so sehnsüchtig gewartet haben und die nun vor allem am Südhang des Alpenhauptkammes meterhoch liegt. Die besten Alphörner entstehen aus Baumstämmen, welche durch Schnee- und Bodengleiten deformiert wurden; Säbelwuchs ist der Fachausdruck für solch krumm gewachsene Stämme. Wusste ich nicht. Genauso wenig wie die Tatsache, dass die Alpenrose nur dort wächst, wo während des Winters Schnee liegt. Sie gilt deshalb als gute Zeigerart für Orte mit reichlicher Schneebedeckung. Soldanellen wiederum, die feuchte und basenreiche Bedingungen bevorzugen, werden durch den Einsatz von technischem Schnee gefördert.
Und damit sind wir schon mittendrin im Schneegestöber sozusagen. Kunstschnee, Naturschnee, Lawinenschnee, Nasschnee, null Schnee. Ein sehr weites Feld. Das dreizehn SLF-Mitarbeiter in ihrem grosszügig illustrierten Buch auf 160 Seiten bis in die Kristalle hinein ausleuchten. In sieben Kapiteln und gleich vielen Exkursen geht es um Schnee als Material, Bedrohung, Ressource und Lebensraum. Wird die am besten untersuchte Schneedecke vorgestellt, die Frage nach der Zukunft des Permafrostes gestellt und den Konsequenzen für Gesellschaft und Natur im Zeitalter der steigenden Schneegrenze nachgegangen. Auch wird erklärt, was ein Tribometer ist: Nämlich ein Gerät, mit dem sich die Reibung und somit das Gleiten von Ski auf verschiedenen Unterlagen untersuchen lässt – ein wichtiger Faktor für Skihersteller und Serviceleute.
Nun hoffe ich am Ende des Jahres 2013 nur noch, dass Ihr pulverschneeleicht ins 2014 hinübergleitet. Es guets Nöis!
Schnee. Herausgegeben vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung. Primus Verlag, Darmstadt 2013, Fr. 59.90.