Schweizer Bankgeheimnisse

Das Bankgeheimnis ist tot, Datenbanken werden laufend von Hackern geknackt. Nur das Geheimnis der Ruhe- und Sitzbänke, landauf landab von Verschönerungsvereinen (und manchmal auch Banken) gestiftet, bleibt bestehen. Hier wird es in 319 Fällen gelüftet – Liebespaare, Rentner, Ruhebedürftige, macht euch auf die Socken! Vielleicht hat’s ja noch Platz.

Cover Schweizer Bankgeheimnisse

„Glücklicherweise leben wir nicht nur im Land der Banken, sondern auch im Land der Sitzbänke. Zu Tausenden sind sie über die Schweiz verteilt und gewähren den Spaziergängern und Wanderinnen wohltuende Rast. Es ist doch immer wieder ein schönes Gefühl, sich hinzusetzen, wenn möglich anzulehnen, die müden Beine von sich zu strecken, das Gesicht der Sonne zuzuwenden, den Blick in die Ferne schweifen und die Seele baumeln zu lassen.“

Heisst es im Vorwort zu einem neuen Wanderführer, der sich auf überraschende, witzige und gekonnte Art einem Thema angenommen hat, das schon seit Jahren und – so scheint es – immer heftiger für rote Köpfe sorgt, dies aber nicht wegen des Wanderns: das Schweizer Bankgeheimnis. Mit dieser neuen Publikation ist es aufgehoben worden. Wenigstens in 319 Fällen. Denn so viele Schweizer Bankgeheimnisse verrät uns Reto Weber in seinem Wanderbuch, und das auf 33 Touren quer durch die Schweiz. Macht im Durchschnitt 10 Bänke pro Ausflug. Banken hat es manchmal auch, wie beim Spaziergang durch Zürich. In einer solchen Bank könnte man auch verweilen, jedenfalls, wenn man noch Scheine statt Schinkenbrote im Rucksack mitträgt. Doch auf der andern Bank ist es viel gemütlicher, und die Fotos zeigen wirklich besuchenswerte Sitzgelegenheiten zwischen Port d‘Ouchy und Stein am Rhein. Aufpassen muss man höchstens, dass sich dadurch die Dauer der Wanderung beträchtlich erhöhen kann.

„Schweizer Bankgeheimnisse“ reiht sich (in den vorderen Rängen) ein bei all den thematischen Wanderführern, die seit Jahr(zehnt)en Konjunktur haben. Zählen wir ein paar auf, von A bis Z:

Alpwandern. Alpinwandern. Architekturwandern. Autowandern (zum Beispiel mit „Der Automobilist als Wanderer“ von Wanderwegpionier Jakob Ess aus dem Jahre 1958). Badewandern. Bahnwandern (mit dem schönen Titel „Neben den Gleisen“). Barfusswandern. Baumwandern. Bergab- und Bergaufwandern (warum nicht beides?). Biwakwandern (Schlafsack nicht vergessen!). Burgenwandern. GA/Halbtaxwandern (jetzt noch machen, ab Sommer gibt es nur noch den roten Swiss Pass). Genuss- und Gourmetwandern (beim zweiten ist die Speisekarte um einige Gänge wichtiger als die Landeskarte). Gipfelwandern (nicht im Kanton Genf, da hat es eigentlich keine). Hüttenwandern. Höhenwegwandern. Höhlenwandern (Stirnlampe mitnehmen!). Hotelwandern. Industriewandern. iPad-Wandern. Kapellen- und Kraftortwandern. Kinder- und Kinderwagenwandern (nicht ganz das gleiche). Klimawandern. Kultur- und Literaturwandern (Theodor Fontanes fünfbändiges Werk „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ braucht mit dem Kindle weniger Platz). Moorwandern. Museenwandern (geht auch bei Regen). Nacktwandern (bitte nicht im Kanton Appenzell!). Naturparkwandern. Partisanen- und Politwandern (rote Socken sind ein Muss). Passwandern. Pilgern. Stadtwandern. Wasser- und Weinwandern (gesünder wahrscheinlich beide „W“). Weitwandern. Widmerwandern. Zurückwandern.

Es hat kein Ende – doch, am Schluss: Rollatorwandern. Aber vorher gehen wir noch Bankwandern. Da kann man auch gut ruhen.

Reto Weber: Schweizer Bankgeheimnisse. 33 Wanderungen und Spaziergänge zu schön gelegenen Sitzbänken in der Schweiz. Ott Verlag, Bern 2015, Fr. 38.-

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