Quer durch die Schweiz und durch Frankreich. Mal zu Fuss. Mal mit Fotos. Immer vor Augen: den Klimawandel. Sommergefühle der etwas anderen Art.
«Hitzesommer 2018. Der Regen bleibt aus, die Flüsse werden zu trockenen Rinnsalen, die Wiesen und Felder der Bauern verdorren. In den Städten ist es bei diesen Temperaturen kaum auszuhalten. Plötzlich ist der Klimawandel wieder ein Thema und bereitet vielen Menschen Sorge. Es ist einer dieser heissen Sommertage, als Zoe Stadler und Dominik Siegrist in Köbi Gantenbeins Garten zu Tisch sitzen.»
So begann es, was heute beginnt. Am 1. Juni 2021, pünktlich zum klimatologischen und meteorologischen Sommeranfang. Die sechswöchige Wanderung „Klimaspuren“ von llanz nach Genf, vom 1. Juni bis zum 12. Juli. Zu Fuss natürlich, dem Alpenrhein entlang nach St. Gallen, durchs Mittelland zum Jura und schliesslich hinunter an den Lac Léman. Mit fünfzig Ortsterminen gegen die Klimakatastrophe. Mit dem Kernteam Zoe, Dominik und Köbi sowie Lucie Wiget und Sylvain Badan. Begleitet jeweils von 25 Mitwanderern; Corona lässt leider nicht mehr zu. Es hat noch Plätze frei. Anmelden, mitwandern, mitlesen. Auf www.klimaspuren.ch seid Ihr dabei, liebi Bärgfründe.
„Was können wir tun gegen den Klimawandel, konkret und praktisch?“ Das fragte sich das Trio damals in Köbis Garten in einem alten Bauernhaus im Weindorf Fläsch in der Bündner Herrschaft. „Lasst uns das Schöne mit dem Nützlichen verbinden. Planen wir eine Klimawanderung quer durch die Schweiz. Wir besuchen Menschen und Projekte, die Spielräume und Möglichkeiten für den Klimaschutz nutzen. Und wir demonstrieren, wo die Unvernunft das Klima malträtiert.“ Am 21. Juni, dem astronomischen und somit kalendarischen Sommeranfang, führt die Wanderung von Wildegg nach Aarau, am Tag drauf gibt es in Aarau eine grosse Podiumsdiskussion zur Schweizer Klimapolitik. Nach der Abstimmung über das CO2-Gesetz am 13. Juni 2021 ist die Gletscher-Initiative das nächste wichtige Geschäft in der Klimapolitik. Im Sommer will der Bundesrat die Botschaft zur Gletscher-Initiative ins Parlament schicken. Zukunftswichtige Fragen kommen dann auf die Tische der Parlamentarier. Zum Beispiel diese: Was braucht es noch, um den Schweizer Beitrag zu der Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten?
Und wenn wir schon den Abstecher nach Frankreich gemacht haben: Zu den Skistationen in diesem Alpenland kam im letzten Jahr ein brutal schöner Bildband heraus. Olaf Unverzart und Sebastian Schels fotografierten in den Sommern 2018 und 2019 die vor allem in den 1960er und 1970er Jahren am Reissbrett entworfenen Retortenstationen wie Val d’Isère, Méribel und Les Deux Alpes; insgesamt 28 Stationen inFrankreich, drei in den italienischen Westalpen und eine in der Schweiz (Torgon). Diese Hochhäuser, Appartmentblöcke, Ferienhauskonglomerate, diese buchstäblich ver-rückte Architektur in den Bergen – aufgenommen ohne den kaschierenden Schnee, ohne Touristen, ohne Leben. Dazu die vorübergehend stillgelegte skitouristische Infrastruktur, trostlos auf der halbgrünen Matte liegend – Wahnsinn! Ob man dort in der warmen Jahreszeit Ferien machen könnte oder möchte? Der Titel dieses ganz besonderen Bergbuches ist so schlicht wie verlockend: été. Was sich freilich anhören kann wie: était. Wenn die Grenze des Schnees weiter steigt und er auch kaum mehr künstlich produziert werden kann, bleiben die Retortenstationen als unübersehbare Zeugen des Klimawandels stehen. Klimaspuren eben.
Klimaspuren. Themenheft von Hochparterre, Mai 2021, Fr. 15.- Zu bestellen bei info@klimaspuren.ch oder herunterzuladen hier: www.klimaspuren.ch.
Olaf Unverzart und Sebastian Schels (Fotos), Dietrich Erben (Text): ÉTÉ. Verlag Kettler, Dortmund 2020, Fr. 72.-