Stiche aus dem Berner Oberland

Ein kenntnisreiches Buch zu den Stichen aus dem Berner Oberland und zum aufkommenden Tourismus aus der Sammlung von Niklaus Wyss. Zu sehen auch im Touristikmuseum Unterseen bis 16. Oktober.

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„Seit dem Jahr 1780 sind von den verschiednen Gegenden der Schweitz eine große Menge Kupferstiche, radirte und mit lebendigen Farben gemalte Blatter erschienen. So groß ihre Anzahl auch ist, so findet man doch nur wenige treue Abbildungen von der großen, prächtigen und ausserordentlichen Natur der Alpengebirge, und die vorhandnen sind selten mit Fleiss, Genauigkeit und Geschmack gearbeitet. Dies gilt besonders von den gemalten Blättern, welche hie und da fabrikmäßig verfertigt werden; sie sind gewöhnlich so grell gefärbt, daß sie den großen Haufen blenden und anziehen, aber Natur, Geschmack und Wahrheit beleidigen und so verunstalten, daß sie dem Auge und Gefühl des Kenners im höchsten Grade wehe thun, und ihm dieselbe Empfindung, wie die widrigsten Mistöne in der Tonkunst, verursachen. Gegen diese Fabrikwaare kann ich den Reisenden nicht genug warnen, um so mehr, da die Preise der großen Stücke so hoch sind, daß man die vortreflichsten Blätter von der Hand der besten Meister dafür kaufen kann.“

Was Johann Gottfried Ebel da in seinem berühmten, 1793 erstmals erschienenen Reiseführer „Anleitung, auf die nützlichste und genussvollste Art die Schweitz zu bereisen“ schreibt (hier zitiert nach der dritten, ganz umgearbeiteten und stark erweiterten Auflage von 1809), stimmt noch immer. Billig gemachte Stücke sind eher billig, die von den Meistern wie Caspar Wolf, Johann Heinrich Bleuler, Gabriel Lory und Franz Niklaus König geschaffenen Stiche sind kostbar und kosteten noch vor wenigen Jahren ein Vermögen; Spitzenstücke erzielen bei Auktionen aber immer noch Spitzenpreise. Solche Schätze findet man Blatt um Blatt in der Sammlung von Elsbeth und Niklaus Wyss aus Unterseen bei Interlaken.

Ich erinnere mich noch gut, als ich 1995 zusammen mit Heinz von Arx und Peter Schnyder vom AS Verlag wegen des Jungfrau-Buches ins Oberland reiste, um alte Abbildungen für die erste Bergmonografie zu finden. Niklaus Wyss zeigte uns ein Meisterwerk nach dem andern, so dass uns nur die Qual der Wahl blieb. Auch in den Büchern zum Eiger und zum Mönch durfte ich auf die Sammlung Wyss zählen.

Nun hat Niklaus Wyss ein kenntnisreiches Buch zu den Stichen aus dem Berner Oberland und zum aufkommenden Tourismus, zu dem die sogenannten Kleinmeister viel beitrugen, geschrieben. Wer darin blättert, sieht nur ganz besondere Abbildungen. Und erfährt viel zu dieser ganz Kunstgattung. Wer die Stiche aber live bewundern möchte, kann dies noch bis zum 16. Oktober im Touristikmuseum in Unterseen tun. Zum Beispiel am Samstag, dem 4. September, wenn das 10. Unspunnenfest stattfindet (zum ersten Mal auf der Höhenmatte von Interlaken). Selbstverständlich hat die Familie Wyss auch von diesem so traditionsreichen Anlass nur vortreffliche Blätter.

Niklaus Wyss: Stiche aus dem Berner Oberland. Schlaefli & Maurer, Interlaken 2010. Das Buch kann für Fr. 25.- plus Fr.5.- Porto und Verpackung im Touristikmuseum der Jungfrau-Region in Unterseen bestellt werden, info@touristikmuseum.ch; das Museum ist offen Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr.

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