Klo als Kunst. Und wie jede echte Kunst, ist auch die Toilettenkunst im Hochgebirge aus der Not geboren. Bzw. aus der Notdurft. Marco Volkens Fotofeldforschungen über die Vielfalt klokünstlerischer Gestaltung im Hochgebirge ist ab sofort im Alpinen Museum zu bewundern. Zur Not gibts dort auch Toiletten.
„Denn mit der Toilette war es da oben mißlich bestellt!“
Behauptet jedenfalls Julius Becker-Becker, Mitglied der SAC-Sektion Tödi, im Artikel „Ueber den Bau von Clubhütten für den S.A.C.“, der im SAC-Jahrbuch von 1881 abgedruckt wurde. Liess die Toilette in den SAC-Hütten wirklich zu wünschen übrig? Ja, und welche Toilette meinte Becker überhaupt?
Schauen wir selbst nach! Heute Freitag, 8.3.13 um 18 Uhr, beginnt die Vernissage der vierten Biwak-Ausstellung im Alpinen Museum der Schweiz am Helvetiaplatz in Bern: „Stille Orte. Das Klo im Hochgebirge“. Der Photograph und Physiker, Publizist und Alpinist Marco Volken fotografiert seit Jahren Hütten- und Biwaktoiletten in den Bergen und zeigt nun eine Serie in einer eindrücklichen Installation. Die WCs bei den Hütten: Die gibt es fast in jeder Form und Grösse, wellblechig bis plastiküberzogen, hölzern bis steinig, fest im Boden verankert bis eher luftig. Wie Kunstinstallationen sehen sie aus, jedenfalls auf den Fotos von Volken, und doch dienen alle nur einem Zweck: der Verrichtung der Notdurft. Wirklich? In einigen Toiletten jedenfalls liesse sich auch Toilette machen, in andern dürfte der Platz gar eng sein. Wie und wo auch immer: So ist uns die Gebirgslandschaft noch nie gezeigt worden, so abseitig und doch so vertraut. Wie und wo auch immer: eben gerade nicht! Dafür gibt es einen genau bestimmten, stillen Ort.
Doch diese Toilette meinte Becker wohl nicht. Sondern die andere. Hier der ganze Abschnitt aus seinem Hüttenbericht, der festhält, wie er mit seinen Leuten vom Hüttenbauplatz hoch oben in den Bergen zurück in die Zivilisation kommt: „Er zieht in’s Dorf ein; schon bei den nächsten Häusern beschnüffelt ihn ein Philister Wie kann man auf eine solche unverantwortliche Weise die Bauleute in dieser Wildniß zurückbehalten? Jetzt stecken einige Weiber die Köpfe zu den Fenstern heraus: ‚Aber wie die aussehen wie Wilde, Räuber! Kein ganzer Fetzen, kein trockener Faden ist mehr an ihnen. Und wie schmutzig!‘ Leider nur zu wahr: denn mit der Toilette war es da oben mißlich bestellt!“
Marco Volken: Stille Ort. Das Klo im Hochgebirge. Booklet (gratis) zur Ausstellung im Alpinen Museum der Schweiz in Bern (bis 12.5.13). www.alpinesmuseum.ch/de/ausstellungen/biwak/biwak-04
Vielen Dank für die Aufnahme in den erlauchten Kreis, Daniel!:-) Kommt alle zahlreich an die Vernissage – es darf kein Schlückchen Wein übrig bleiben! Herzlich, Lea