Eine Skitour pro Winter muss sein. Vom Tango zum Tanzboden.
Es ist wohl Zufall, dass unser jährliches Pflichtskitürchen auf den Tanzboden führt und gerade am Abend zuvor Christa beim Tanzen auf unserem Wohnzimmerboden das Knie überdehnt hat und es jetzt schmerzt. Sie beisst auf die Zähne und wir fahren durch den Frühlingsfebruar Richtung Ricken. Weit und breit kein Schnee zu sehen, nur Schneeglöcklein in den Wiesen, die schon erstes Grün angesetzt haben. Immer höher hinauf führt uns Heini mit dem Auto, wohl gar bis auf den Tanzboden selber, aber dann treffen wir doch noch auf Schnee und einen Parkplatz und treten in die Bindungen. Eine Piste ist gewalzt, einen Skilift sehen wir zwar nirgends. Soweit kommt’s noch, dass sogar die Routen von Touren zu betonharten und glatten Pisten gewalzt werden.
Wir folgen dann einer einsamen Spur durch den Wald in die Höhe und ich meditiere dabei über den Tanz und den Tanzboden. Dabei kommt mir in den Sinn, dass ich letzthin einen Artikel gelesen habe, in dem der Autor schreibt, wie die Sprache die Wirklichkeit formt – also nicht umgekehrt, wie man meint. So wie etwa das Wort «Masseneinwanderung» die Wirklichkeit unseres Landes nun umkrempelt, obwohl es ja gar keine Masseneinwanderung gibt – die gibt’s in der Türkei, Jordanien und Libanon wegen dem Syrienkrieg, aber gewiss nicht bei uns. Und so hat vielleicht das Wort «Tanz» unseren Tourenvorschlag geformt. Also doch kein Zufall? Nein im Ernst, es war natürlich unser Heini, der im schönen Schritt voranspurt und dabei locker mit Christa plaudert, und ich keuche hinterher, zum ersten Mal wieder auf Ski diesen Winter, bzw. diesen vorgezogenen Frühling. Vom Grat fahren wir ein Stück ins Toggenburg hinunter, denn unserm Skiführer reichen die erkeuchten Höhenmeter noch keineswegs. Steil gehts wieder hoch und irgendwann sind wir dann doch oben auf dem Tanzboden beim unvermeidlichen Gipfelkreuz. Tanzboden heisst die flache Kuppe ja vielleicht, weil hier einst Hexen in der Walpurgisnacht wilde Tänze vollführten oder der Teufel eine Jungfrau zur Polka verführte. Das Kreuz hält die heidnischen Gestalten und Geister fern und schützt das Vieh auf der Alp und die Alpwirtschaft, die ganzjährig geöffnet ist, die wir aber meiden. Die Abfahrt durch weichen Schnee ist dann wunderbar. Während ich durch die Hänge schwinge, kommt mir wieder der Tanz vom Vorabend in den Sinn und ich denke, wenn mir der Tango doch nur auch so leicht fallen würde wie das Skifahren, das ich nie verlerne, auch wenn ich nur einmal im Jahr auf ein Skitürchen gehe und auf die Piste nie. Der Regelstein ein Stück nordwärts am Grat war meine erste Skitour vor Menschengenken, mit Vaters alten Eschenbrettern ohne Kanten oder Belag und Seehundsfellen, die schon fast alle Haare gelassen hatten.