Urner Höhen und Tiefen

Um-, Auf- oder Abbruch: Der Uri ist ein schöner und schön geplagter Kanton. Eisenbahn und Autobahn und Kampfbahn und Kraftwerke und Resorts und Projekte und und und. Wasser fliesst hinaus, Geld herein. Nur oben auf der Salbitnadel ist alles wie einst. Zwei Bücher über Höhen und Tiefen aus der tiefsten Urschweiz.

„Die Bewohner des Urserenthals haben den Ruf eines aufgeweckten, gesangliebenden Völkleins. Sie treiben ausser Alpwirthschaft bedeutenden Wein-, Käse- und Pferdehandel. Der Personen- und Güterverkehr über den Berg war vor der Eröffnung der Gotthardbahn für Andermatt sehr wichtig. Jetzt ist von demselben nur einiger Touristenverkehr im Sommer geblieben. Dagegen ist der Ruf Andermatts als Lungenkurort in raschem Steigen begriffen, wozu seine leichte Zugänglichkeit, die gesunde, anregende Alpenluft und interessante Umgebung und die vorzügliche Unterkunft, die er für Niedrig und Hoch bietet, wesentlich beitragen. – Das Urserenthal, ein ehemaliger Seeboden, besitzt in Folge früherer Misswirthschaft so zu sagen keinen Waldungen. Dagegen verleihen ihm die frischgrünen Thalmatten und die schuttfreien Alpenweiden, die sich in sanften Stufen bis hoch an die Felshörner, Gletscher und Schneefelder hinanziehen, einen ächt alpinen, heiteren Charakter, besonders wenn im Frühling und Herbst die zahlreichen Viehherden vorzüglichen Schlages das Thal beleben.“

Ein Absatz aus dem Führer „Die Schweizerischen Alpenpässe und das Postwesen im Gebirge. Officielles illustrirtes Posthandbuch“ von 1892. Was die Post wohl 120 Jahre später über Andermatt und das Urserental schreiben würde? Nun, wo das gigantische Resort der Luxusklasse des ägyptischen Geschäftsmanns Samih Sawiris entsteht und das Dorf wieder einmal eine grosse Änderung erfährt, wie schon so oft: die Eröffnungen des Saumwegs über den Gotthard bzw. der Eisen- und dann Autobahntunnels durch den Berg, die Ansiedlung der Kaserne und der ganzen Militäranlagen, und deren Reduzierung Ende des 20. Jahrhunderts. Die radikalste Neugestaltung von Andermatt und Umgebung wurde allerdings nicht durchgeführt: Am Talausgang ob der Schöllenenschlucht wollten Elektrizitätsbarone in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert gleich zweimal einen riesigen Staudamm bauen und so das ganze Hochtal von Ursern unter Wasser setzen; Neu-Andermatt wäre dann an den Hängen des Nätschen aufgebaut worden. Nun wird ein anderes Neu-Andermatt aus dem einst munitionsverseuchten Boden gestampft. Wie es dazu kam, dass ein Ägypter Andermatt retten, beflügeln, vergrössern, vermarkten will (oder wie man auch immer sagt), und was die Einheimischen dazu sagen (oder singen…), steht im eben erschienenen Buch „Andermatt im Umbruch. Vom Waffenplatz zum Luxusressort“ von Robert Kruker und Verena Meier (Text), Beat Brechbühl und Franca Pedrazetti (Bild). Kluge, hintergründige Texte und Fotos. Ein Muss für alle, die über die Pässe Gotthard, Furka oder Oberalp reisen, zu Fuss, mit dem Rad oder dem Töff, dem PW – oder am schönsten mit dem Postauto.

Postautogelb ist das Buch, das der Urner Bergführer Alex Arnold über seine Heimat verfasst hat: „Uri und seine Täler. Urner Reusstal, Urserental, westliche Seitentäler“. Insgesamt 31 Täler umfasst der Kanton, 26 Dörfer, 20 Gemeinden, 5 Pässe, 77 Dreitausender, schier unzählige Klettermöglichkeiten. Mit vielen Farbfotos und kurzen Texten stellt Arnold das gebirgige Land und viele der schönsten Klettergipfel und –felsen vor. Zudem porträtiert er einige Bergler und Bergführer wie Toni Fullin und Hans Berger. 18 cm hoch, 13 cm breit und 3,5 cm dick ist Arnolds Uri-Kompendium und somit fast gleich wie das „Illustr. Posthandbuch“. Die Zahl 1 auf dem Buchrücken lässt vermuten, dass ein Nachfolgeband geplant ist. Das hoffen wir auch für auch für El An der Matt.        

Robert Kruker, Verena Meier (Text); Beat Brechbühl, Franca Pedrazetti (Fotos): Andermatt im Umbruch. Vom Waffenplatz zum Luxusressort. Rotpunktverlag, Zürich 2012, Fr. 44.-

Alex Arnold: Uri und seine Täler. Urner Reusstal, Urserental, westliche Seitentäler. Eigenverlag, 2012, Fr. 58.-; zu bestellen bei info@yoga-schwyz.ch.

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