Ein Buch, ein Projekt und eine Ausstellung zur verlorenen Berglandwirtschaft in einem der stotzigsten Täler des Tessins.
«Itinerario affascinante, ma per esperti; piuttosto imboschito nella parte inferiore. Si studi bene il percorso anche dal basso.»
Noch viel wichtiger ist es allerdings, die Wegbeschreibung genau zu lesen und auch die Fotos anzuschauen, wenn wir von Brione Verzasca aus das verlassene Rustico von Gasg schier senkrecht über dem Dorf besuchen wollen. Ein Ort am Ende der Welt, obwohl mitten in diesem berühmten Tal des Tessins gelegen, das im Sommer von Touristen geflutet wird. Doch wird sich wohl kaum jemand dort hinauf verirren; auf der Karte ist ja auch kein Weg eingezeichnet. Deshalb: Genau den Wegverlauf studieren und sicher sein, dass man die Wanderschwierigkeit T5 meistern wird. Aber keine Angst: Es gibt noch viele andere unvergessliche Alptouren im Val Verzasca, leichtere – und schwierigere.
Chiara und Giuseppe Brenna beschreiben sie im dicken Buch „Alpi di Val Verzasca“: insgesamt 157 Routen zu 247 Alpsiedlungen, mit 39 Karten und 738 Fotos. Eine unglaubliche Arbeit, um all diese mutigen Wege und architektonischen Bauten zu dokumentieren, diese so eindrücklichen Zeugen einer verlorenen Agrarwirtschaft. Der Band zu den Alpen im Verzascatal ist der achte in der Reihe „Sui sentieri dei padri“; eine ganz verdienstvolle Reihe, die uns ein Ticino näher bringt, das sich meilenweit vom Lido von Ascona versteckt.
Das Ehepaar Brenna ist nicht allein bei der Erforschung der ehemaligen Berglandwirtschaft im Val Verzasca. Das macht ebenfalls Christian Besimo, der vor 45 Jahren die Initiative Verzasca Etnografica gegründet hat. „Das Ziel von Verzasca Etnografica ist eine möglichst umfassende Bestandesaufnahme noch vorhandener Strukturen der halbnomadischen Vielstufenwirtschaft im Verzascatal. Die dafür aufgebaute Datenbank wird der Forschung und Wirtschaft sowie einem nachhaltigen Tourismus zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise soll der bedrohten Kulturlandschaft ihre Stimme zurückgegeben und Anreize für Projekte geschaffen werden, diese lebendig zu erhalten.“ Das lesen wir hier: www.syntopia-alpina.ch/beitraege/von-alten-wegen-weiden-und-siedlungen-ethnographische-forschung-im-verzascatal. Einen Einblick in die ethnographische Forschung gibt zudem die Ausstellung «Osservare per caprire» im Museo di Val Verzasca in Sonogno. Sie ist noch bis zum 27. Oktober offen, von Dienstag bis Sonntag, 11 bis 16 Uhr. Und dann wieder im Frühling 2025; www.museovalverzasca.ch. April dürfte eine gute Zeit sein, um von Brione Verzasca über Gasg hinauf nach Tenc di Fuori zu gehen bzw. zu kraxeln; einfach bevor die Vegetation überhand nimmt.
Chiara e Giuseppe Brenna: Alpi di Val Verzasca. Collana “Sui sentieri dei padri”, vol. 8. Salvioni Edizioni, Bellinzona 2024, Fr. 45.-
Chiara und Giuseppe Brenna präsentieren das schöne Buch am Sonntag 3. November 2024 um 17.30 in Brione (Aula des Centro Scolastico) im Rahmen eines Gesprächs mit Christian Imberti.