Zwei grosse (Berg-)Fotografen mit grossen neuen Bänden. Robert Bösch mit Bildern der Welt, Peter Mathis mit solchen vom Schnee. Wer aussergewöhnliche Geschenke sucht…
«Der Grundstein zu diesem Buch wurde – so vermute ich rückblickend – vor über drei Jahrzehnten im Lubéron gelegt, im legendären Freeclimbing-Mekka in Buoux: Da war diese fantastische Kletterlinie, an der markanten glatten und leicht überhängenden Felskante am äussersten Rand der gewaltigen Felswand. Von der Abendsonne beleuchtet, war sie Verlockung und Verpflichtung gleichzeitig: Ich wusste, irgendwann hatte ich diese Linie zu klettern! Und irgendwann bin ich dort eingestiegen. Die Kletterei hat gehalten, was sie verheissen hat. Den Namen der Route habe ich nie vergessen, er hat mich ein Leben lang begleitet: „No Man’s Land“.»
Voilà! Das schreibt der Zürcher Fotograf Robert Bösch im Schlusswort zu seinem jüngsten Werk „No Man’s Land“. Seinem siebzehnten Buch seit 1988, in dem er der alleinige Fotograf ist. Ein Wurf! Ein Meisterwerk von A bis Z, vom „Lake Aegeri before sunrise, Switzerland“ bis zur „Front of an industrial building in Zurich, Switzerland“. Perfekte Bilder beide. Für das eine musste Röbi nur zum richtigen Zeitpunkt aus dem Fenster seines Hauses am Ägerisee schauen. Es ist nicht die einzige Aufnahme dieses Sees oben im Zugerland. Immer wieder taucht er auf, zu allen Tages- und Jahreszeiten. Sozusagen das rote Seil in einem Buch, das die Welt umspannt.
„Die Erde ist niemandes Land.“ So beginnt Bösch sein Vorwort als „Zu-Hause-Bleibender“ und „Welten-Reisender.“ Wir folgen ihm gerne auf Schritt und Tritt, vorwärts und rückwärts, 100 Farb- und Schwarzweiss-Fotos, Bild für Bild. Das Bild an sich. Und gleichzeitig oft (aber bewusst nicht immer) Übergänge erkennend, Zusammenhänge begreifend. Eine Schneeverwehung auf dem Ratenpass gleicht Sanddünen in Marokko, ein unbekannter Berg in der Everest-Region findet sich wieder in der weltberühmten Cathédrale de la Major à Marseille. Und in dieser Stadt schuf der Fotograf ein Bild vom Vieux Port, das auch Henri Cartier-Bresson entzückt und verblüfft hätte. „Die Kamera ist mein Werkzeug, um Bilder zu kreieren.“ So schliesst Robert Bösch das Vorwort: „Was dem Maler Pinsel, Farbe und Leinwand sind, ist mir Blende, Zeit und der Auslöser. Wo auch immer ich auf diesem Planeten – im „No Man’s Land“ – unterwegs bin, ich bin ein Bildsuchender. Ich kann es mir anders nicht vorstellen.“ Wir sind gespannt auf sein nächstes Werk.
„Es het gschneit!“ Mit diesem kurzen Satz und leuchtenden Augen begrüsste mich heute Morgen Tochter Andrea, als sie zum Homeworking in unsere Wohnung kam. Schnee bis in die Niederungen und bis in die Stadt (Bern), perfekt pünktlich zum Winteranfang. Seit dem Morgen dürfte die Begeisterung, wenigstens für diejenigen, die draussen unterwegs sind bzw. sein müssen, wohl schon leicht verwässert worden sein. Item. Schnee ist Schnee ist Schnee. Seiner Faszination kann man sich schwierig entziehen.
Einer, der ihr erlegen ist bzw. immer noch erliegt, ist der Vorarlberger Fotograf Peter Mathis. Sein jüngstes Werk heisst ganz einfach „Schnee“. Aber was die weisse Materie alles sein kann, für die Natur, für Gebäude, für uns Menschen: Das erleben wir auf 82 Duoton Aufnahmen. Vielschichtig und gegenlichtig, neuschneerein und spurentief, windverblasen und pistengewalkt, sonnig und schattig, schwarz und weiss. Erste Sahne! Da hat ein Meister hinter der Kamera die kalte Saison eingefangen. Und wenn dann noch Meister mit den Brettern an den Schuhen eine erste Spur in den vergänglichen Untergrund legen, dann schauen wir mit viel Neigung und etwas Neid auf solche Fotos. Der Winter kann kommen. Weihnachten auch, mit solchen Werken!
Robert Bösch: No Man’s Land. Photographs. Texte von Robert Bösch und Angelika Affentranger-Kirchrath. Deutsch/Englisch. Till Schaap Edition, Bern 2020. Fr. 130.- Zu beziehen bei Robert Bösch: www.robertboesch.ch, info@robertboesch.ch
Peter Mathis: Schnee. Texte von Peter Mathis und Tom Dauer. Prestel Verlag, München 2020. Fr. 68.- www.mathis-photographs.at/deu/bücher/schnee/