Von Höhlen, Höhen und Tiefen

Drei Führer mit insgesamt 311 erlebenswerten Tipps in der westlichen Schweiz und im angrenzenden Frankreich. Bonnes balades!

«Eishöhlen gibt es einige im Jura, in der Regel liegen sie ziemlich versteckt. Das gilt auch für die „Glacière de Monlési“, die grösste unter ihnen. Sie befindet etwas abseits der Strasse nach La Brévine, das wegen seiner winterlichen Kälterekorde auch als „Sibirien der Schweiz“ bezeichnet wird. Mitten im Wald öffnet sich ein tiefes Loch, auf dessen Grund rund 6.000 Kubikmeter Eis liegen. […] Die Eismasse variiert leicht zwischen Winter und Sommer, verschwindet aber nicht. Daran wird auch die Klimaerwärmung nicht so schnell etwas ändern.»

Hat sie leider aber wohl schon getan. Als wir 8. am August 2012 zum ersten Mal die Eishöhle von Monlési im Neuenburger Jura besuchten, konnten wir nur in sehr gebückter Haltung auf dem Eis in der Höhle vorsichtig herumrutschen; besser wäre es eigentlich gewesen, das auf dem Hosenboden zu machen, oder auf den Knien. Am 14. September 2020 waren wir zum letzten Mal in der Glacière de Monlési, und zum ersten Mal konnten wir bequem stehen und gehen auf dem scheinbar ewigen Jura-Eis, ohne den Kopf an der Höhlendecke anzuschlagen. Gleich eindrücklich ist aber jedesmal das Hinuntertauchen durch den breiten Schacht, zuerst auf einem Pfad, zuletzt auf einer Metallleiter auf den Schachtboden, von wo es in die eigentliche Höhle hinein geht. Später wieder das Hochsteigen, aus dem „Tiefkühlschrank“ ans sonnige Tageslicht: ein unvergessliches Erlebnis! Das nächste Eintauchen gibt es übrigens im Lac des Taillères bei La Brévine, wenigstens, wenn er eisfrei ist. Im Winter hingegen wird auf ihm Schlittschuh gelaufen und Hockey gespielt.

Eishöhle und (Eis-)See sind die Tipps Nr. 5 und 32 im Führer „111 Orte im Herzen des Jura, die man gesehen haben muss“ von Marcus X. Schmid (Text) und Michel Riethmann (Foto). Sie wohnen beide im Jura neuchâtelois und kennen ihre Heimat also bestens. Sie stellen Geschichten und Gebäude, Getränke und Gewässer, Gestalten und Gedenksteine zwischen Salins-les-Bains und Sonceboz, Romainmôtier und Consolation-Maisonettes vor, mit den Schwerpunkten Vallorbe, Pontarlier, Val de Travers, Le Locle und La Chaux-de-Fonds. Da gibt es wirklich viel zu erleben, erwandern, erfahren und verzehren. Den berühmten und überlaufenen Creux du Van muss man etwas suchen, er versteckt sich hinter der Trockenmauer von Nr. 23. Auch der Chasseron (1608 m), der höchste Gipfel im Herzen des Juras, hat keine eigene Nummer erhalten; man nähert sich ihm am besten von Môtiers aus durch die Schlucht Pouetta Raisse (Nr. 65). Die Angaben zur Erreichbarkeit der 111 Must-Places könnten da und dort noch etwas besser sein; so erreicht man das übriggebliebene Glied der Sperrkette bei Saint-Sulpice im Val de Travers, wo Karl der Kühne am 8. Februar 1476 zum ersten Mal an den Eidgenossen scheiterte, nicht nur mit dem Auto und dann zu Fuss, sondern auch mit dem Bus. Aber das ist ein Detail.

Mehr als eine Kleinigkeit anzumerken gibt es hingegen im Führer „111 Orte rund um den Genfersee, die man gesehen haben muss“ von Franziska Weyer. Schaut man sich nämlich die Übersichtskarte an, dann fallen zwei Sachen auf. Erstens liegen von den 111 sehenswerten Orten nur gerade sechs in Frankreich; klar, die Schweiz hat mehr vom Lac Léman, 113 km des Seeumfangs von 156 km verlaufen auf ihrem Gebiet. Und zweitens ist die wichtigste Stadt nicht berücksichtigt – ein Führer rund um den Genfersee ohne Genf! Nun, es gibt im gleichen Verlag schon die „111 Orte in Genf, die man gesehen haben muss“. Nur erfahren das die Benutzer nicht, sondern bemerken es vielleicht auf den Anzeigenseiten am Schluss des Buches. Da passt es irgendwie, dass die Wanderung durch Gorges du Chauderon (Nr. 93) noch vorgestellt wird, obwohl die Schlucht seit Mai 2021 geschlossen ist. Doch es hat schon gute Tipps im Buch, keine Frage. Zum Beispiel den weinenden Felsen Scex que Plliau (früher Sex que pliau geschrieben), der sich im Wald oberhalb des Wildbachs Baye de Clarens an der Waadtländer Riviera versteckt: ein buchstäblich märchenhafter Ort.

Vom Jura via Léman ins Bernbiet. Die beliebte Berner Jodelhymne bringt es auf den Punkt: Das „Bärnbiet“ bietet alles, was Herz und Beine begehren. Entsprechend oft wird es besungen bzw. bewandert; mehr dazu unter https://bergliteratur.ch/baernbiet/. Nun ist noch ein weiteres Buch erschienen: „Lieblingsplätze rund um Bern“. Sandra Rutschi (Text) und Andreas Blatter (Foto) stellen 90 Orte zwischen Neuenburgersee und Napf-Gebiet, Kiental und Huttwil vor, die man gesehen haben muss. Tipp Nr. 47 führt zum Etang de la Gruère zwischen Tramelan und Saignelégier. Auch im Jura-Führer ist er drin (Nr. 90). Ich glaube, ich muss auch wieder mal zu diesem geheimnisvollen Moorsee. Das letzte Mal war ich am 18. Oktober 1977 dort…

Marcus X. Schmid (Text), Michel Riethmann (Foto): 111 Orte im Herzen des Jura, die man gesehen haben muss. Emons Verlag, Köln 2022, € 18,00.

Franziska Weyer: 111 Orte rund um den Genfersee, die man gesehen haben muss. Emons Verlag, Köln 2022, € 18,00.

Sandra Rutschi (Text), Andreas Blatter (Foto): Lieblingsplätze rund um Bern. Gmeiner Verlag, Meßkirch 2022, € 17,00.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert